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Rede zum Antrag Investitionen in Streumunition verbieten

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 

Die Ottawa-Konvention zum Verbot von Antipersonenminen und die Oslo-Konvention zum Verbot von Streumunition trennen in ihrer Entstehung etwa zehn Jahre. Dennoch kann man sie als Geschwisterverträge bezeichnen; denn sie haben vieles gemeinsam. So verdanken beide ihre Entstehung in großem Maße dem unermüdlichen Engagement der Zivilgesellschaft, die mit viel Kraft, Vehemenz und Kreativität für eine weltweite Ächtung dieserbarbarischen Waffen gestritten hat.

NGOs in Deutschland und weltweit verlieren nicht aus den Augen, was noch vor uns liegt. So läuft in diesen Wochen zum Beispiel die Kampagne „Zeig dein Bein“,
mit der auf die Situation von Minenopfern aufmerksam gemacht werden soll. Sie ruft dazu auf, durch eine kleine Geste Solidarität zu zeigen. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat vorgestern in einer gemeinsamen Aktion bereits zahlreiche Beine gezeigt. Ich würde mich freuen, wenn Sie es uns gleichtun würden.

Zurück zu den Gemeinsamkeiten. Beide Verträge sehen ein strenges und umfassendes Verbot vor und wurden von Deutschland unterzeichnet und mit dem Kriegswaffenkontrollgesetz in nationales Recht umgesetzt. Hier treffen wir auf eine problematische Gemeinsamkeit bei der Umsetzung beider Verträge, die wir als Abgeordnete dringend korrigieren müssen. Bei der Umsetzung des Verbots dieser Waffen klafft eine erhebliche Gesetzeslücke. Trotz der Ächtung können deutsche Banken und Versicherungen in Unternehmen investieren, die Antipersonenminen und Streumunition herstellen. Noch skandalöser ist, dass solche Investitionen über die
Riester-Rente sogar staatlich subventioniert werden. Hier sind wir als Mitglieder des Deutschen Bundestages gefragt, schnellstmöglich für Klarheit zu sorgen und eine
entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren von der Koalition, inzwischen ist es fast ein Jahr her, dass wir Grüne einen Antrag für eine solche Gesetzesänderung eingebracht und alle Fraktionen – auch und insbesondere Ihre – dazu eingeladen haben, eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten. Wir haben keinen konkreten Gesetzentwurf vorgelegt, damit Sie sich nicht hinter einzelnen Formulierungen verstecken und sagen können, dass Sie ihn deswegen nicht mittragen können. Aber Sie schaffen es schon, sich von dem abstrakten Ziel zu verabschieden, wie Ihre Reden
zeigen.

Ich freue mich, dass zumindest unter den drei Oppositionsfraktionen hier schnell Einigkeit herrschte. Seither folgte eine Beratung der anderen. Wir tauschten uns mit NGOs aus und sprachen mit einem Opfer. Wir konsultierten Finanzexpertinnen und -experten, Bankenvertreter und renommierte Testinstitute. Alle befürworten
ein gesetzliches Investitionsverbot. Doch was kam von Ihnen, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen? Außer leeren Worthülsen, Gedruckse
und Windungen kam von Ihnen nichts. Das haben auch Ihre Reden gezeigt. Sie sagen zwar, dass Sie das Erreichen des Ziels unterstützen. Aber dann ist Ihnen alles zu kompliziert und doch zu viel. Wenn die Zusammenarbeit mit der Opposition an der vermeintlichen Würde dieser Regierung kratzt, geschenkt! Es ist okay, wenn Sie es nicht mit uns machen wollen, obwohl wir uns in vielerlei Hinsicht sehr kooperationsbereit gezeigt haben. Herr Kollege Dr. Wadephul und Herr Kollege Schnurr, wo zwischen allen Erklärungen Ihrer aufrichtigen Absichten ist Ihre Initiative? Wo ist Ihr Beitrag zur Lösung des Problems?

Oder ist Ihre Tatenlosigkeit schon das Eingeständnis, dass Sie keine guten Gesetzentwürfe machen können? Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, was Sie hier betreiben, ist aus meiner Sicht schlicht
Arbeitsverweigerung.

Es ist doch höchste Zeit, dafür zu sorgen, dass in Deutschland zukünftig Investitionen in völkerrechtswidrige Waffen gesetzlich verboten sind. Es darf nicht sein, dass ein Land wie Deutschland, das jährlich erhebliche finanzielle Mittel für die Räumung von Antipersonenminen und Streumunition weltweit zur Verfügung stellt, Investitionen in die Produktion dieser Waffen erlaubt und teilweise sogar steuerlich fördert. Aber egal ob bei der Regulierung der Finanzmärkte, der Frauenquote oder Investitionen in völkerrechtswidrige Waffen, wenn es um Großkonzerne oder den Finanzsektor geht, setzt Schwarz-Gelb auf Selbstverpflichtung, obwohl das nicht funktioniert, wie man gerade in der Medienberichterstattung verfolgen kann. Trotz aller Selbstverpflichtungen geht die Geschäftemacherei mit diesen barbarischen
Waffen uneingeschränkt weiter.

Es reicht einfach nicht, die Hände in den Schoß zu legen, abzuwarten, was andere Staaten machen, und darauf zu vertrauen, dass sich die Dinge von selbst regeln. Unsere Aufgabe als Gesetzgeber ist es doch, nicht zur Selbstverpflichtung aufzurufen, sondern endlich für Rechtssicherheit zu sorgen.


Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.