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Rede zum Jahresbericht 2012 des Wehrbeauftragten

 

Frau Präsidentin! Frau Ministerin von der Leyen! Herr Wehrbeauftragter! Meine Damen und Herren! Auch im Namen meiner Fraktion möchte ich mich bei Ihnen, Herr Wehrbeauftragter Königshaus, und ebenso bei Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den Bericht aus dem Jahr 2012 bedanken. Unser Dank gilt auch den vielen Soldaten und Soldatinnen, die sich mit ihren Eingaben an den Wehrbeauftragten gewandt haben. Diese liefern vor allem ein ehrliches und sehr detailliertes Feedback zur Umsetzung der Bundeswehrreform. Das Feedback ist aber nicht wirklich gut. Die Unzufriedenheit bei den Soldatinnen und Soldaten ist groß, und es hapert gewaltig.

 

Meine Damen und Herren, der Jahresbericht 2012 zeigt: Die Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist nach wie vor eine sehr große Baustelle bei der Bundeswehr. Die Hauptkritikpunkte sind die unzureichenden Möglichkeiten für eine Elternzeit, das häufige und belastende Pendeln zwischen Standort und Heimat, aber ebenso das fehlende Betreuungsangebot für Kinder. Zu lange wurde dieses Thema belächelt. Es ist jenseits von Lippenbekenntnissen viel zu wenig passiert, und das ist ein Versäumnis.

 

Immer wieder haben wir Grüne in den letzten Jahren schnelle und echte Verbesserungen angemahnt und Maßnahmen für eine familienfreundlichere Bundeswehr gefordert. Angesichts des demografischen Wandels und der Herausforderungen bei der Nachwuchsgewinnung müssen wir genau darauf achten, wer sich mit welcher Qualifikation und vor allem mit welcher Motivation für eine Tätigkeit bei der Bundeswehr entscheidet.

Die Umfragen und auch meine zahlreichen Gespräche mit den jungen Männern und Frauen, vor allem mit den freiwillig Wehrdienstleistenden, zeigen mir: Bei der Entscheidung für oder gegen eine Karriere in der Bundeswehr ist die Frage, ob sie mit einer Familie vereinbar ist, ein sehr wichtiges Kriterium. Deshalb begrüßen wir es ausdrücklich, Frau Ministerin von der Leyen, dass Sie die Bedeutung dieses Themas erkannt und es prominent auf die Tagesordnung gesetzt haben. Vonseiten der Opposition sagen wir Ihnen gern zu, Sie tatkräftig dabei zu unterstützen, hier Verbesserungen in Angriff zu nehmen.

 

Mit dem Anstoß einer Debatte ist es aber natürlich noch lange nicht getan. Jetzt kommt es darauf an, dass Ihren Ankündigungen auch Taten folgen; denn die Vereinbarkeit von Familie und Dienst ist eben nicht umsonst zu haben.

 

Zu der Frage, wie Sie Ihre Vorschläge konkret finanzieren wollen, haben wir bisher allerdings nur nebulöse Versprechen gehört, auch heute an dieser Stelle.

 

Frau Ministerin, Sie müssen nicht nur schnell einen Zeitplan für Ihre Ideen vorlegen, sondern auch konkret aufzeigen, an welchen anderen Stellen dafür im Verteidigungsetat gespart werden soll.

 

Wir sind sehr gespannt auf Ihre Initiativen hierzu und wollen diese, wie ich schon gesagt habe, unterstützen und konstruktiv begleiten; aber wir werden auch sehr kritisch hinschauen. Wir werden sehr genau beobachten, welche Realität den schönen Interviewüberschriften folgen wird; denn in der letzten Koalition haben Sie als Arbeitsministerin mit vielversprechenden Ankündigungen immer wieder Erwartungen geweckt, die dann schneller, als man schauen konnte, wieder einkassiert wurden.

 

Ich möchte in diesem Zusammenhang an die Frauenquote oder an die Lebensleistungsrente erinnern, die am Ende mehr Schein als Sein waren.

So wichtig das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist, war ich doch sehr überrascht, dass das bisher der einzige Punkt ist, den Sie als Verteidigungsministerin offensiv angesprochen haben. In der Sicherheitspolitik gibt es darüber hinaus viele andere unbeantwortete, aber umso drängendere Fragen. Auch da müssen Sie liefern. Was Sie im Interview vom Wochenende dazu gesagt haben, war enttäuschend. Ich finde, auch in Ihrer heutigen Rede, Frau Ministerin, haben Sie mehr Fragen gestellt als Antworten präsentiert.

 

Wie stellen Sie sich die zukünftigen Aufgaben und Einsätze der Bundeswehr vor? Wie geht es weiter in Afghanistan? Was ist die Reaktion auf die Gewalteskalation in der Zentralafrikanischen Republik oder im Südsudan? Was sind Ihre Vorschläge für die Reform der desaströsen Beschaffungspolitik? Das Euro-Hawk-Fiasko haben wir alle noch lebhaft in Erinnerung, und die Liste der problembehafteten Beschaffungen ist noch lang.

 

Frau Ministerin, all das sind Baustellen, die Sie jetzt schnell anpacken müssen, genauso wie die Umsetzung Ihrer Ankündigung zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Dienst.

 

Vielen Dank.