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Rede zum UNMISS-Antrag Linke

 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Sit and wait is no option.” Diesen starken Satz hat Verteidigungsministerin von der Leyen auf der Münchener Sicherheitskonferenz gesagt. Er wurde breit verstanden als Abkehr von der Kultur der militärischen Zurückhaltung. Das wäre ein Kurs, den wir Grüne klar ablehnen würden.

 

Sie hat danach gesagt - das haben Sie von der Koalition immer wieder betont -, es gehe vor allem darum, zivile Instrumente zur Konfliktlösung und zur Krisenprävention einzusetzen. Das ist die Botschaft, mit der Sie die neuen „Afrikapolitischen Leitlinien der Bundesregierung“ gerade verkaufen.

Was tun wir denn genau in Afrika? Es gab in den letzten Monaten schöne Bilder von der Mali-Reise der Verteidigungsministerin. Es gibt die schreckliche Gewalteskalation in der Zentralafrikanischen Republik, wo der deutsche Beitrag zur Konfliktlösung mit Blick auf den zivilen Bereich ehrlicherweise mehr als bescheiden ist.

 

Während wir alle hier sehr abstrakt über Afrika diskutieren, ist im Südsudan Folgendes passiert: Präsident Salva Kiir und der Exvizepräsident Machar haben ihren persönlichen Machtkampf anhand ethnischer Linien blutig eskalieren lassen. Es ist ein humanitäres Desaster eingetreten. Es gab über 20 000 Todesopfer, wobei die genauen Zahlen nicht gesichert sind; es sind wahrscheinlich viel mehr. 1,5 Millionen Menschen sind im Südsudan intern vertrieben. 863 000 Menschen sind in die Nachbarländer geflohen. Es droht eine Hungerkatastrophe. Die UN sagen, dass sie in den nächsten drei Jahren 1,1 Milliarden Euro brauchen. Es ist zu grausamsten Menschenrechtsverletzungen gekommen. Todesschwadronen sind durch das Land gezogen. Das Ausmaß an sexueller Gewalt ist wirklich erschreckend. Kinder wurden als Soldaten rekrutiert. Es ist eine desaströse Situation, die wir dort gesehen haben. Dazu gab es aber kaum ein Wort von Verteidigungsministerin von der Leyen und von Außenminister Steinmeier, obwohl die Bundeswehr im Rahmen der UN-Friedensmission UNMISS dort vor Ort ist.

 

Ich habe die Bundesregierung in den letzten Wochen mehrfach gefragt, wie sie innerhalb der Vereinten Nationen zu dem Thema Individualsanktionen bezüglich der zwei anders kann man sie nicht nennen Verbrecher steht. Bis heute hat die Bundesregierung hierzu keine klare Haltung eingenommen. Damit haben sich Ihre großen Ankündigungen von der neuen Verantwortung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik für mich ein Stück weit als Showreden an die Adresse der westlichen Partner entlarvt.

 

In dem Antrag der Linken wird gefordert, nicht abgerufene Haushaltsmittel für UNMISS in den unbewaffneten Schutz der Zivilbevölkerung zu investieren. Herr Kollege Frei, egal wie lange ich darüber nachdenke, ich kann darin nichts Falsches sehen. Es ist eine absolut richtige Forderung.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, ich bin wirklich sehr positiv überrascht über Ihren Antrag und auch darüber, dass Sie so klar einräumen, das UNMISS einen sehr wertvollen Beitrag zum Schutz der Zivilbevölkerung geleistet hat. Über 93 000 Menschen haben dort Zuflucht gefunden. Ich bin denjenigen, die im Rahmen von UNMISS ihren Dienst tun, zutiefst dankbar für jeden Einzelnen, den sie vor Gewalt retten konnten.

 

Es ist völlig richtig - das tun auch Sie in Ihrem Antrag -, zu der Konzeption von UNMISS kritische Fragen zu stellen und kritische Punkte anzumerken. Aber ich finde, dieser Antrag und auch die Rede der Kollegin Vogler stehen in einem sehr wohltuenden Kontrast zu den Reden, die Sie von der Linkspartei sonst zum Teil hier gehalten haben. Teilweise haben Sie, wie ich finde, mit sehr konstruierten Argumenten den UNMISS-Einsatz abgelehnt.

 

Ihr Antrag wäre aber noch besser gewesen, wenn Sie noch weitere Forderungen aufgenommen hätten, zum Beispiel die Forderung, UNMISS zu stärken und zu verändern. Da geht es um mehr Personal - es kann ja auch ziviles Personal sein, es muss nicht immer militärisches Personal sein -, es geht um Transportkapazitäten. Jetzt schaue ich in Richtung Bundesregierung: Es geht darum, die Mittel für die humanitäre Hilfe zu erhöhen. Herr Außenminister Steinmeier hat 6 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Wir brauchen aber, wie gesagt, über 1 Milliarde Euro.

Die Bundesregierung muss klare Position beziehen und sagen: Wenn die beiden Kontrahenten den Waffenstillstand nicht umsetzen und keine Vereinbarungen für die Zukunft treffen, dann muss politischer Druck ausgeübt werden und dann müssen endlich Sanktionen verhängt werden.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, „sit and wait is no option.“ Wenn das mehr als nur schöne Schaufensterreden sein sollen, dann sollten Sie dem Antrag der Linken zustimmen.

 

Vielen Dank.