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Rede zur Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes im Rahmen der UNAMID-Mission in Darfur

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit über zehn Jahren herrscht in Darfur im Sudan ein grausamer Bürgerkrieg. Um die Gewalt einzudämmen, haben die Afrikanische Union und die Vereinten Nationen 2007 eine Friedensmission auf den Weg gebracht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit sieben Jahren debattieren wir dieses Mandat. Ich finde, wir sollten es nicht als reine Routineberatung betrachten, sondern wir haben dabei auch die Verantwortung, das schreckliche Schicksal vieler Menschen im Sudan wieder in Erinnerung und in den Fokus der Öffentlichkeit zu bringen.

Die Eskalation von Gewalt findet nicht nur in Darfur statt, sondern mittlerweile auch in weiten Teilen des Landes, im Bundesstaat Blauer Nil oder in Südkordofan. In diesem Bürgerkrieg sind sowohl die vielen bewaffneten Rebellenorganisationen, aber auch die sudanesischen Truppen für das Leid und die Verbrechen gegenüber der Zivilbevölkerung verantwortlich.

Meine Damen und Herren, über 5 Millionen Menschen sind im Sudan von Hunger bedroht. 2,4 Millionen Menschen sind ihrer Heimat beraubt, und seit Anfang dieses Jahres sind aufgrund aufflammender Gewalt zusätzlich 400 000 auf der Flucht. Am Anfang dieses Monats gab es die schreckliche Meldung, dass 200 Frauen und Mädchen Opfer einer Massenvergewaltigung im Norden von Darfur geworden sein sollen. Dieses grauenhafte Verbrechen muss rückhaltlos aufgeklärt werden und die Täter zur Verantwortung gezogen und bestraft werden.

Dabei ist es völlig inakzeptabel, dass das sudanesische Militär UNAMID daran hindert, diesen Vorwürfen nachzugehen.

Meine Damen und Herren, ich finde diese Zahlen schwer vorstellbar; ich finde sie schockierend und ich finde, sie dürfen uns auch nicht kaltlassen. Sie zeigen auch, dass sich die Sicherheitslage im Sudan wieder verschlechtert hat. Die Vereinten Nationen haben diese Mission bei der Mandatierung im Sicherheitsrat vom Auftrag her angepasst. Sie haben auch Lehren aus den letzten Jahren gezogen. Das Zentrum dieses Mandates bilden nun drei Aufgaben: An allererster Stelle steht der Schutz der Zivilbevölkerung, aber eben auch die Vermittlung zwischen den Konfliktparteien sowohl auf nationaler als auch auf kommunaler Ebene. Und es ist klar: Dieser Konflikt und dieser Krieg können nur ein Ende finden, wenn es eine politische Lösung gibt. Dazu müssen alle gesellschaftlichen Gruppen in die Verhandlungen über eine gemeinsame Zukunft des Landes eingebunden werden. Die dritte Aufgabe von UNAMID ist aber auch wichtig: der Schutz von humanitären Helferinnen und Helfern; denn auch sie werden mittlerweile immer häufiger Opfer von Gewalt durch die Konfliktparteien und sind von Plünderungen und Übergriffen bedroht.

Meine Damen und Herren, UNAMID kann sicherlich nicht alle Probleme lösen; aber die Mission ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Stabilität und Sicherheit im Sudan. Ich finde schon auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns die ehrliche Frage stellen müssen, ob diese Mission eigentlich gut genug ausgestattet ist, um diese Ziele zu erfüllen, und ob das deutsche Engagement der dramatischen Situation angemessen ist.

Die Lage hat sich verändert, die Vereinten Nationen haben das Mandat angepasst - nur eines bleibt gleich: der deutsche Beitrag. Und der ist, freundlich formuliert, mehr als bescheiden. Die personale Obergrenze, die in diesem Mandat festgeschrieben ist, beträgt 50 Bundeswehrangehörige; derzeit sind elf vor Ort. Die Zahl der Polizeikräfte, die nicht Teil dieses Mandates sind, ist noch geringer: Es sind fünf Polizistinnen und Polizisten. Diejenigen, die diese Mission erlebt haben, sagen uns immer wieder, dass gerade mehr Polizistinnen und Polizisten gebraucht werden, und zwar dringend.

Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass das Auswärtige Amt die finanzielle Unterstützung für die Ausbildung afrikanischer Polizeiangehöriger im letzten Jahr um mehr als die Hälfte gekürzt hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist angesichts der Lage das völlig falsche Signal. Wir Grüne fordern Sie auf: Nehmen Sie diese Kürzung zurück!

Meine Damen und Herren, auch ich möchte all jenen danken, die sich mit oder ohne Uniform im Rahmen von UNAMID oder außerhalb für eine bessere Zukunft im Sudan einsetzen. Dass sie das auch unter persönlichen Entbehrungen und großen Risiken tun, zeigt nicht zuletzt der tragische Tod von drei UNAMID-Angehörigen im letzten Monat, die Übergriffen von Rebellen zum Opfer gefallen sind. Ihnen und den Menschen im Sudan, die bereits seit Jahren unermessliches Leid erfahren und trotzdem Glauben und Hoffnung nicht verlieren, sind es die internationale Gemeinschaft und auch Deutschland als Mitgliedstaat der Vereinten Nationen schuldig, sich noch stärker zu engagieren. Denn es wird bei weitem nicht alles getan, was notwendig wäre; es wird bei weitem nicht alles getan, was getan werden könnte - auch nicht das, was getan werden müsste.

Vielen Dank.