Agnieszka Brugger agnieszka-brugger.de

Reden und Videos

Rede zur VN-Friedensmission im Südsudan

 

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Vier Länder haben aktuell die höchste Krisenstufe bei den Vereinten Nationen. Der Südsudan gehört schon seit Jahren dazu. Die Menschen dort leiden unter brutaler Gewalt und Menschenrechtsverletzungen. 2 Millionen sind auf der Flucht; täglich kommenden Tausende hinzu. 5 Millionen Menschen haben keinen oder kaum Zugang zu Nahrung. 

Die Hauptschuldigen an dieser Gewalt sind die - man kann es nicht anders sagen -Verbrecher Präsident Kirr und sein früherer Stellvertreter Machar, die ihren persönlichen Machtkampf austragen und dabei skrupellos über Leichen gehen. Ihnen fehlt jedes Verantwortungsgefühl für die Menschen im Südsudan. Sie haben auch keine politische Idee im Hinblick auf eine friedliche Zukunft des Landes. Man kann dem Generalsekretär der Vereinten Nationen nur beipflichten, wenn er sagt, sie verhöhnen jedes Versprechen auf Frieden. Seit 2013 gab es sieben - sieben! - Friedensabkommen. Jedes wurde kurz nach der Verabschiedung gebrochen, jede Einheitsregierung platzte in Rekordzeit, und die Gewaltspirale beginnt immer wieder aufs Neue. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, daran konnte leider auch die seit der Unabhängigkeit des Südsudan 2011 entsandte Friedensmission UNMISS nicht viel ändern. Man muss aber schon auch berücksichtigen: Die Vereinten Nationen sind immer nur so stark wie sie von den Mitgliedstaaten auch unterstützt werden.  Und die müssen auch an dieser Stelle endlich mehr Druck ausüben. Die Sanktionen sollten verschärft werden, und nicht nur die Europäische Union, sondern alle Staaten sollten endlich ein Waffenembargo verhängen und nicht weiter dabei zuschauen, wie sich diese Gewaltspirale immer weiter dreht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem immer wieder Kritik an dieser Mission laut geworden ist, ist eben die bereits erwähnte unabhängige Untersuchungskommission durch den Generalsekretär der Vereinten Nationen initiiert worden. Ja, die Ergebnisse waren erschütternd, die Zustände waren chaotisch, Zivilisten und UN-Mitarbeiter wurden nicht ausreichend geschützt. Man ist eben untätig geblieben, obwohl man die Hilferufe bei einer Vergewaltigung gehört hat. Das ist natürlich völlig inakzeptabel. Aber nun zu der Schlussfolgerung zu kommen, das war es dann, die Mission funktioniert nicht, wir beenden sie jetzt einfach, das halten wir für falsch, denn das hieße auch, die Menschen der brutalen Gewalt zu überlassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegt mir wirklich völlig fern, diesen Bericht in irgendeiner Form zu relativieren. Er muss auch gravierende Konsequenzen haben. Die Entlassung des kenianischen Kommandeurs war ja eine erste Konsequenz mit Signalwirkung. Es braucht aber auch strukturelle und personelle Reformen, auch bei anderen Friedensmissionen.

Dass UNMISS aber auch das leisten kann, was man von einer Friedensmission erwartet, hat auf der anderen Seite eine mutige Entscheidung vor fast drei Jahren gezeigt: Wieder einmal war Gewalt im Land ausgebrochen, einige sprachen von einem drohenden Völkermord, und die damalige Leiterin der Mission Hilde Johnson ließ in einer mutigen Entscheidung die Tore der Camps öffnen und hat damit wahrscheinlich hunderttausend Menschen das Leben gerettet. Auch heute befinden sich in diesen Schutzzonen der Vereinten Nationen immer noch 200 000 Menschen. Meine Damen und Herren, die Mission zu beenden, hieße, diese 200 000 Menschen ohne Schutz zu lassen. Auch aus dem Grund, so meine ich, geht es darum, an der Mission festzuhalten und die schwerwiegenden Fehler dringend zu korrigieren.

Aber diese beiden Bewertungen zeigen auch: Der Erfolg einer Mission hängt auch immer ein Stück weit davon ab, welches Personal in sie entsandt wird und wie man dann auch mit der Verantwortung umgeht. Es kann nicht sein, dass Staaten über ihre Kontingente eigene Interessen verfolgen und den Auftrag der Friedensmission der Vereinten Nationen ignorieren oder gar untergraben. Aber auch die europäischen Staaten oder die USA müssen sich durchaus kritisch fragen lassen, ob es ausreicht, Schecks auszustellen, oder ob man zum Gelingen der VN-Friedensmission vielleicht besser beitragen würde, wenn man bereit wäre, selbst mehr qualifiziertes Personal zu stellen. Hier darf man sich nicht weiter so einen schlanken Fuß machen.

Meine Damen und Herren, auch das passt ins Bild: Die Bundesregierung schöpft die ohnehin sehr niedrige Mandatsobergrenze von 50 Soldatinnen und Soldaten nicht aus. Aktuell sind 14 in den Südsudan entsandt. 

Herr Staatsminister Roth, Sie haben am Anfang Ihrer Rede gesagt, wir sollten so viel helfen, wie wir können. Da ist meine Rückfrage an die deutsche Bundesregierung dann auch: Tun wir das? Ich glaube nicht, dass wir das tun.

Wir könnten die Vereinten Nationen bei dieser schwierigen Mission und die Menschen im Südsudan viel stärker unterstützen. Damit meine ich nicht nur die Entsendung von Soldatinnen und Soldaten, sondern angesichts der humanitären Katastrophe auch noch mehr entwicklungspolitische und zivile Anstrengungen.