Agnieszka Brugger agnieszka-brugger.de

Reden und Videos

Rede im Bundestag zum Antrag "Uranmunition ächten"

Herr Präsident / Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Die langfristigen Risiken und gesundheitsgefährdenden Folgen des Einsatzes von Munition aus abgereichertem Uran sind seit langem Gegenstand abrüstungspolitischer Diskussionen. Auch wenn die Bundeswehr selbst keine Uranmunition einsetzt, dürfen wir die mit dem Einsatz solcher Munition verbundenen gesundheitlichen Risiken und Schäden für die Umwelt nicht ignorieren. Einer möglichen Gefährdung sind sowohl die Zivilbevölkerung als auch viele Entwicklungshelferinnen und –helfer, die sich in den betroffenen Gebieten gerade nach dem Ende der Kampfhandlungen aufhalten, ausgesetzt. Aber auch Angehörige der Bundeswehr, wenn sie sich im Einsatz mit Verbündeten, die Uranmunition einsetzen, befinden oder in Gebieten stationiert sind, in denen Uranmunition benutzt wurde.

Immerhin erhalten die deutschen Soldatinnen und Soldaten ja auch im Einsatz im vorsorglich genaue Anweisungen zum Schutz vor Überresten von Uranmunition gegeben. Und das aus gutem Grund, denn das Gesundheitsrisiko kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden.  

Die angebliche Unkenntnis der Bundesregierung darüber, ob, wann und wo unsere Verbündeten Uranmunition verwenden oder verwendet haben, macht jedoch eine gewissenhafte Vorsorge unmöglich. Und trotzdem hält sie es nicht für nötig, Informationen darüber einzuholen, in welchen Gebieten Verbündete Uranmunition eingesetzt haben. Ich zitiere dazu eine Antwort aus unserer Kleinen Anfrage vom November 2010:

„Die Bundeswehr ermittelt keine Informationen über die Verwendung von DU- Munition durch Verbündete. Ferner werden keine Listen über Staaten, die DU-Munition produzieren, besitzen oder einsetzen, geführt.“  Das ist fahrlässig und ignorant, geht es doch um Menschen, deren Einsatz der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung verantworten.

Diese Unsicherheit muss endlich aufhören. Die Bundesregierung muss dafür sorgen, dass die für ein umfassendes Gefahrenbild nötigen Informationen von unseren Partnern in der Europäischen Union und in der NATO über den Einsatz von Uranmunition zur Verfügung stehen.

Wir brauchen außerdem weitere Untersuchungen zu den mittel- und langfristigen Folgen und Gefahren für Mensch und Umwelt. Die bisher veröffentlichten Studien und Gutachten beispielsweise der Weltgesundheitsorganisation, des Umweltprogramms der Vereinten Nationen sowie der Internationalen Atomenergie Organisation weisen in unterschiedliche, teils gegensätzliche Richtungen. Manche verweisen ausdrücklich auf schwerwiegende toxische Schädigungen und ein erhöhtes Leukämie- und Krebsrisiko, während andere einen kausalen Zusammenhang verneinen. Eine Forderung nach einem Verbot schießt angesichts der wissenschaftlichen Unklarheit über das Ziel hinaus. Aber soll man den Einsatz solange hinnehmen, bis gesundheitliche Schädigungen bei einer wissenschaftlich hinreichend großen Anzahl von Menschen eindeutig und zweifelsfrei nachgewiesen worden sind? Das kann niemand verantworten.

Wir Grüne fordern deshalb ein Moratorium für den Einsatz von Uranmunition, bis Gewissheit über das gesundheitsgefährdende Potential dieser Munitionsart herrscht. Wir brauchen eine verlässliche Langzeitforschung auf internationaler Ebene, die stichhaltige Aussagen über den Zusammenhang von gesundheitlichen Beeinträchtigungen und dem Einsatz von Uranmunition liefert. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Bundesregierung im Rahmen der Vereinten Nationen für die Anwendung des Vorsorgeprinzips in Bezug auf Uranmunition gestimmt hat. Jetzt geht es darum, diese Entscheidung auch konsequent umzusetzen.

Dazu gehört vor allem auch eine umfassende Bestandsaufnahme, wo genau weltweit Uranmunition zur Anwendung kam, damit die mit Rückständen verseuchten Gebiete dekontaminiert werden können. Ich fordere die Bundesregierung deshalb auf, sich mit Nachdruck für die allgemeine Beachtung des Vorsorgeansatzes einzusetzen und vor diesem Hintergrund auf ein effektives, internationales Moratorium für Uranmunition hinzuwirken. Vielen Dank!