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Rede zum Biowaffenübereinkommen

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 

Die Milzbrandattacken in den USA im Jahr 2001 haben leider gezeigt, dass auch Bedrohungen durch biologische Kampfstoffe nach wie vor ein ernstzunehmendes Szenario darstellen. Es ist eine große Errungenschaft der internationalen Abrüstungspolitik und ein wichtiger Beitrag für mehr Sicherheit, dass es gelungen ist, dass so viele Staaten diese gefährlichen Massenvernichtungswaffen international geächtet und ihre eigenen Bestände vernichtet haben. Es ist an dieser Stelle gar nicht so selbstverständlich, dass es einen solchen Verbotsvertrag gibt. Wir erleben es heute bei vielen Technologien, die im Dual-use-Bereich liegen. So bei den Themen Drohnen oder Cyber, wo dann oft schon schulterzuckend bei der Debatte darüber, ob es nicht gewisse Regeln braucht, gesagt wird, man kann es so oder so nutzen. Trotzdem haben Technologien immer ihre spezifischen Risiken. Die werden dabei dann gefährlich ausgeblendet.

Es ist eine Herausforderungen, mit der Dual-use-Problematik umzugehen. Die gibt es natürlich auch bei biologischen und chemischen Kampfstoffen. An deren Verbotsvertrag kann man sich orientieren; denn die Güter können zum Gewinn, aber auch zum Verderben der Menschheit genutzt werden. Dort wird nämlich der Zweck unter Strafe gestellt. Das macht diese Abkommen und Übereinkommen einzigartig.

 

Meine Damen und Herren, trotzdem hat auch das Biowaffenübereinkommen seine Schwächen und kann seine Wirkungen nicht vollumfänglich entfalten; denn es fehlen Möglichkeiten zur Aufklärung von Verdachtsmomenten, aber auch Sanktionsmöglichkeiten bei Strafverletzungen. Das Stichwort „Russland“ ist schon gefallen. Auch über Syrien muss man an dieser Stelle sprechen. Wir haben in den vorherigen Debatten viel über Chemiewaffen und die grausamen Attacken, die es gegeben hat, debattiert. Aber Syrien hat auch als Signatarstaat des Biowaffenübereinkommens über Jahre hinweg trotzdem ein Forschungsprogramm in diesem Bereich unterhalten.

Um das Biowaffenübereinkommen effektiv umzusetzen und die Verdachtsfälle schnell zu untersuchen, aber auch um gemeinsame Interpretationen über die einzelnen Regelungen zwischen den Staaten herzustellen oder schnell auf neue technologische Entwicklungen reagieren zu können, braucht dieses Abkommen feste Strukturen, mehr Personal und eine verlässliche Finanzierung.

 

Das haben wir Grüne in den letzten Jahren immer wieder an vielen Stellen gefordert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, mit Ihrem heutigen Antrag gehen Sie mit vielen Forderungen durchaus auch in die gleiche Richtung, in eine richtige Richtung. Aber Sie sind auch nicht ganz up to date. Wir Grüne haben erst vor kurzem einen Antrag vorgelegt: „Biosicherheit bei Hochrisikoforschung in den Lebenswissenschaften stärken“. Hier wird zum Beispiel deutlich ähnlich hat es auch der Deutsche Ethikrat festgestellt , dass Selbstverpflichtungen nicht ausreichen, dass es auch in diesem Bereich Lücken gibt, die man durch eine gesetzliche Regelung schließen müsste. Das sind sicherlich Punkte, wo man von Ihrem guten Antrag aus weitergehen kann und weitergehen sollte. Es steht nicht viel Falsches in dem Antrag. Daher werden wir an der Stelle auch zustimmen.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss kann ich mir aber eine kritische Bemerkung nicht verkneifen. Es ist super, dass Sie diesen Antrag vorgelegt haben, das BWÜ zu stärken, aber der abrüstungspolitische Elefant, der gerade jetzt in unserer Zeit im Raum steht, ist ein völlig anderer. Chemiewaffen und Biowaffen sind wenigstens schon verboten. Was fehlt, ist ein Verbotsvertrag zur Ächtung von Nuklearwaffen. Den gibt es nicht.

 

Darüber wird gerade mit einer ganz neuen Dynamik bei den Vereinten Nationen diskutiert. Die deutsche Bundesregierung versteckt sich hier hinter den Nuklearwaffenstaaten im Lager der Bremser und Blockierer und hat gegen diese ganzen Vorschläge bei den Vereinten Nationen gestimmt, einen Prozess für ein Atomwaffenverbot auf den Weg zu bringen. Das ist mutlos, unglaubwürdig und enttäuschend.

 

Es ist doch höchste Zeit, dass die Menschen vor diesem gefährlichen Irrsinn geschützt werden und dass alle Massenvernichtungswaffen verboten werden. Daher, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, vielen Dank für diese durchaus gute Initiative. Aber mich würde schon interessieren, was Sie dazu sagen, dass die Bundesregierung ein Atomwaffenverbot blockiert; denn wer das Biowaffenübereinkommen stärken will, der kann doch nicht ernsthaft argumentieren, dass Atomwaffen nicht auch verboten gehören.