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Rede zum Bundeswehreinsatz gegen den IS

 

Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahren leiden viele Menschen in Syrien und im Irak unter dem Terrorregime von Daesh, dem sogenannten, selbsternannten „Islamischen Staat“. Ebenso leiden viele Menschen in Syrien nach wie vor unter den Grausamkeiten des Assad-Regimes. Ja, Daesh konnte im Irak und in Syrien zurückgedrängt werden. Es gibt wahrscheinlich nur noch ein Gebiet an der Grenze, in der Wüste, wo sie noch die Herrschaft haben. Dass Städte wie Mosul, Rakka und Rawa nicht mehr unter ihrer Herrschaft sind, ist sicherlich gut. Darüber muss man sich freuen. Aber es muss auch klar sein, dass man den Terror eben nicht militärisch besiegen kann, sondern nur politisch und dass das immer nur der Anfang eines Prozesses sein kann. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Giftgasangrife, Fassbomben auf Marktplätzen, unvorstellbare Brutalität gegen die Zivilbevölkerung – ein Ende der Gewalt in Syrien ist nach wie vor nicht in Sicht.

Meine Damen und Herren, nach den schrecklichen Anschlägen in Paris brachte die Große Koalition dieses Mandat auf den Weg. Wir als Grüne haben es wie alle Mandate, die Sie hier vorlegen, sehr sorgfältig geprüft. Uns war auch klar – das haben wir in jeder Debatte klargemacht –, dass angesichts der Gräueltaten in Syrien und im Irak und angesichts der Anschläge in Europa Tatenlosigkeit keine Option sein kann. Trotzdem haben wir Ihrem Mandat nicht zugestimmt. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen: Das ist ein Einsatz im Rahmen einer Koalition der Willigen, in der unterschiedliche Staaten hochwidersprüchliche Ziele verfolgen und immer wieder ihre eigenen kurzfristigen Interessen über eine gemeinsame Strategie stellen, die den Menschen in Syrien und im Irak wirklich hilft. In diesem Umfeld liefert die Bundeswehr beispielsweise Aufklärungsergebnisse, wenn sie über Syrien fliegt. Es besteht die Gefahr, dass die Türkei diese Informationen im Kampf gegen die Kurden missbraucht – ein Problem, auf das wir Sie immer wieder hingewiesen haben.

Ein weiteres Problem sind bestimmte rechtliche Punkte in diesem Mandat. Jetzt muss ich in Richtung der Rechtspopulisten sagen: Sie machen sich hier generell lächerlich, wenn Sie von Ehrlichkeit und Anstand sprechen. Ich kann Ihnen nach Ihrer Rede ohne jegliche Sachkenntnis vom Islam und von der Situation im Irak und in Syrien nur empfehlen auch die juristischen Ausführungen, die Sie gemacht haben, waren voller Fehler: Sie sollten sich wenigstens kurz mit dem Gegenstand, über den Sie hier reden, beschäftigen.

Meine Damen und Herren, im Rahmen der leider gescheiterten Sondierungsgespräche haben wir intensiv auch darüber miteinander diskutiert, wie man dieses Mandat verbessern und eventuell weiterentwickeln kann, wie man sich von den problematischen Komponenten verabschieden kann und wie man den Einsatzrahmen so gestalten kann, dass er den rechtlichen Vorgaben entspricht. Ich kann die Bundesregierung nur auffordern, mit Blick auf das nächste Mandat genau diese Maßnahmen in Angriff zu nehmen und dies besser heute als morgen zu tun.

Meine Damen und Herren, auch wenn die Terroristen auf den ersten Blick aus den Städten vertrieben sein mögen: Das ist nur der Anfang. Nach wie vor sollten uns die Fragen beschäftigen: Wie können wir den Menschen in Syrien und im Irak helfen? Wie können wir sie unterstützen? Wie können wir dazu beitragen, dass es langfristig eine Verbesserung der Lage gibt und dass das Leid gelindert wird?

Ja, Herr Außenminister, dazu gehört, dass man das Erste, das Sichtbare beseitigt, die Minen und die Sprengfallen. Aber es muss auch für eine Reihe von Jahren ein hohes Maß an schneller humanitärer Hilfe aufrechterhalten werden. Es geht auch um Worte und Überlegungen im Hinblick auf politische Konzepte für Versöhnung. Es geht darum, dass man diplomatischen Druck auf die Staaten, die die Lage dort immer wieder verschlimmern und verkomplizieren, ausübt. Es muss um Versöhnung gehen. Es muss darum gehen, dass die fragile Situation gelöst wird, und zwar langfristig. Dafür braucht es Hartnäckigkeit, dafür braucht es Einsatz, und dafür braucht es auch mehr Einsatz für eine gemeinsame Strategie unter dem Dach der Vereinten Nationen. Ich glaube, dass wir unsere Rolle als Bundesrepublik Deutschland insbesondere mit Blick auf den Irak, wo wir sehen, dass aus alten Gräben neue Konflikte und neue Gewalt zu entstehen drohen, dazu nutzen sollten, versöhnungspolitische Prozesse voranzubringen. Da können Sie mehr tun. Tun Sie das auch.