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Rede zum UNAMID-Mandat

 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für viele Menschen im Sudan ist die Situation schrecklich: Leid, Gewalt, Willkür, aber vor allem auch Hunger gehören seit Jahren zu ihrem Alltag. So verwehrt die Rebellengruppe SPLA-N Helfern, die dringend benötigte Nahrung und Medikamente zu den Menschen bringen wollen, mit Gewalt den Zugang zu bestimmten Gebieten im Norden.

Seit Jahren geht aber auch die sudanesische Regierung barbarisch gegen die eigene Bevölkerung vor; darüber geben die regelmäßigen Berichte von Human Rights Watch ein schreckliches Zeugnis. So setzt die sudanesische Luftwaffe international geächtete Streumunition ein. In einem Land, in dem extremer Hunger herrscht, werden Felder und Ernten zerstört. Regelmäßig werden bei diesen barbarischen Attacken Schulen, Märkte und Krankenstationen getroffen, und insbesondere Kinder sind oft die Opfer dieser Attacken. Aber auch die Frauen im Sudan leiden extrem. Immer wieder kommt es zu Massenvergewaltigungen, wie neulich in Tabit.

Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht wegschauen, auch wenn es im politischen Prozess im Sudan leider immer wieder große Rückschläge gibt. 2014 ist es beispielsweise gelungen, einen nationalen Dialog zwischen einigen Gruppen der Opposition und der Regierung auf den Weg zu bringen. Dieser wichtige Prozess hat im April 2015 aber einen großen Rückschlag erlitten, als sich der Präsident al-Baschir in einer Wahlinszenierung mit 94 Prozent hat wiederwählen lassen und sich dafür gefeiert hat. Diese Wahlen waren aber weder fair noch frei. Sie wurden zu Recht von der Zivilgesellschaft kritisiert und von der Opposition boykottiert.

Trotzdem führt kein Weg am nationalen Dialog vorbei. Die internationale Gemeinschaft muss ihn immer wieder einfordern. Sie muss auch auf Glaubwürdigkeit und Inklusion bestehen. Das kann aber nur gelingen, wenn die internationale Gemeinschaft auch zusammensteht. Da war es wenig hilfreich, dass die Arabische Liga diese Wahlen als einen Schritt hin zu mehr Demokratie im Sudan begrüßt hat.

Noch schlimmer aber war im letzten Jahr das Verhalten der südafrikanischen Regierung. Der Internationale Strafgerichtshof hat 2009 einen Haftbefehl gegen den Präsidenten al-Baschir erlassen, weil er für Völkermord, für Menschenrechtsverletzungen und für Folter verantwortlich ist, die in Darfur passiert sind. Als der Präsident al-Baschir dieses Jahr in Südafrika war, hätte der Haftbefehl vollstreckt werden können und müssen.

 

Das hat die dortige Zivilgesellschaft gefordert. Die Justiz hatte schon alles vorbereitet. Aber was ist geschehen? Die Regierung verhalf diesem Verbrecher - ich finde das ungeheuerlich - auch noch zur Flucht.

Damit wurde nach so vielen Jahren nicht nur die Hoffnung vieler Menschen auf Gerechtigkeit enttäuscht, sondern es wurde natürlich auch der Internationale Strafgerichtshof geschwächt. Ich finde es unerträglich, dass einem solchen Verbrecher in einigen Staaten dieser Welt der rote Teppich ausgerollt wird, statt ihn endlich festzunehmen.

Meine Damen und Herren, trotz aller Rückschläge und Enttäuschungen versucht die Friedensmission der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union, wenigstens in der Region Darfur einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Zivilbevölkerung geschützt wird, dass die Menschen mit dem Lebensnotwendigsten versorgt werden, dass die Helfer besser geschützt werden und dass der Dialogprozess nicht ganz zum Erliegen kommt.

Eine der Ursachen, warum diese Mission jenseits der schwierigen Verhältnisse im Land ihre Ziele immer wieder nicht erreichen kann, ist aber auch die mangelnde Unterstützung der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen. Es ist richtig, dass sich Deutschland an dieser Mission beteiligt. Aber meine Damen und Herren, acht Soldaten und ein Polizist - das ist angesichts der drastischen Lage wirklich wenig.

 

Herr Brauksiepe, da reicht es eben nicht aus, hier zu beschreiben, dass der UN-Mission zu ihrem Schutz gepanzerte Fahrzeuge fehlen, sondern da muss man auch handeln. Ich finde es fast schon zynisch, wenn man das Mandat liest und in der Begründung etwas vom deutschen Engagement in Afrika mit dem Schwerpunkt Sudan steht. Dieses Engagement besteht darin, diesen bescheidenen Beitrag beizubehalten.

Meine Damen und Herren, insbesondere auch liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, vielleicht sollten Sie sich einmal Gedanken darüber machen, warum die sudanesische Regierung fordert, dass die UN-Friedensmission aus dem Land abziehen soll, und wem es im Sudan eigentlich helfen würde, wenn UNAMID nicht mehr da wäre. Das wären die bewaffneten Rebellengruppen, und das wären eben die verbrecherischen Teile der Regierung.

 

Die sehen wohl nämlich gerne, dass niemand mehr hinschaut, niemand mehr versucht, etwas gegen die Gewalt und gegen die Willkür zu tun. Ich finde, diesen Gefallen sollten wir diesen Menschen nicht tun. Deshalb und weil wir die Hoffnung haben, dass es doch vielleicht einmal nach vorne geht und besser wird, werden wir Grüne diesem Mandat zustimmen.