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Reden und Videos

Rede zur Anerkennung für Peacekeeper

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 

Ich würde gerne mit der Geschichte von Stephan Fantham beginnen. Er ist Neuseeländer und hat sich im Rahmen der UN-Friedensmission UNMISS in Juba für mehr Frieden und Sicherheit engagiert. Er ist verwundet worden, als der UNMISS-Wagen über eine Landmine gefahren ist, und hat dabei einen Fuß verloren. Nur ein paar Monate später war er wieder dort. Ich finde, dieses Engagement ist sehr beeindruckend.

 

Er ist einer von derzeit über 240 000 Menschen weltweit, die sich in den Krisenregionen dieser Welt für die Menschen dort, für bessere Lebensbedingungen und mehr Sicherheit engagieren. Sie tun das als zivile Experten, Soldaten oder Polizisten im Rahmen von Missionen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union, der OSZE, von NGOs oder Durchführungsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit. Sie nehmen so wichtige Aufgaben wahr wie Wahlbeobachtung, Menschenrechtsschutz und Entwicklung, oder sie tragen zur Entstehung eines gerechten Justizsystems bei oder unterstützen eine Regierung darin, Good Governance zu leisten.

 

Viele von uns haben von diesem Pult aus schon gesagt, dass sich die Konflikte und Krisen dieser Welt eigentlich ist das eine Binsenweisheit nicht mit militärischen Mitteln lösen lassen. Es ist ein langer und steiniger Weg, bis es zu Frieden und Sicherheit kommt. Die Menschen, die sich dafür engagieren, tun das unter hohem persönlichem Einsatz, getrennt von ihren Familien und oft unter der Gefahr, verwundet oder sogar getötet zu werden. Diese Menschen verdienen unseren Dank und unsere Anerkennung.

 

Es ist nicht damit getan, dass Gewalt endet oder dass es einen Waffenstillstand gibt. Echter Friede ist letztlich mehr als nur die Abwesenheit von Gewalt. Die frühzeitige Prävention von Krisen und Gewaltausbrüchen ist sicherheitspolitisch effizienter und ökonomischer. Sie ist in der Regel erfolgreicher und häufig politisch konsensfähiger als der Einsatz militärischer Mittel. Aktuell gibt es eine große Debatte über die Zukunft der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Ich habe mich an einigem in den Reden von Bundespräsident Gauck, Verteidigungsministerin von der Leyen und Bundesaußenminister Steinmeier gestört. Aber ganz besonders verwundert war ich darüber, dass in diesen Reden die Vereinten Nationen kaum vorgekommen sind, dass man sie sozusagen mit der Lupe suchen musste und dass gerade auf die zivilen und diplomatischen Mittel kaum eingegangen wurde.

 

Laut einer aktuellen Umfrage der Körber-Stiftung darüber, was die deutsche Bevölkerung über die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik denkt, ist die Unterstützung für zivile Mittel und außenpolitisches Engagement groß. Auch die Zustimmungswerte betreffend humanitäre und friedenserhaltende Einsätze sind das hat mich überrascht hoch. Wenn man sich aber einige Zahlen in diesem Zusammenhang anschaut, dann sieht man: Deutschland ist zwar der viertgrößte Geldgeber für VN-Friedensmissionen; aber bei der Personalbereitstellung belegen wir Rang 48. Von 6 155 deutschen Einsatzkräften sind derzeit genau 333 in VN-Friedensmissionen aktiv. 5 700 Soldaten und Soldatinnen sind im Auslandseinsatz. Die Zahl der zivilen Experten und der Polizisten beträgt 147 bzw. 188. Ich finde, da geht mehr.

 

Wenn wir uns alle so einig sind, dass Konflikte vor allem zivil gelöst werden müssen, dann müssen wir uns schon die Frage stellen: Haben wir in ausreichendem Maße Instrumente, finanzielle Mittel, Strukturen und Aufmerksamkeit dafür zur Verfügung? Es gibt gute Ansätze. Ich nenne in diesem Zusammenhang das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze. Wir haben unter Rot-Grün einiges auf den Weg gebracht. Wir schlagen in unserem Antrag, der heute zur Debatte steht, noch einiges vor, was dazu dient, gerade die Vereinten Nationen, die Europäische Union und die OSZE und ihre krisenpräventiven Instrumente zu stärken. Dazu braucht es aber auch mehr politischen Willen.

 

Wir müssen uns noch eine zweite Frage stellen: Widmen wir den Menschen und ihrem Engagement in den entsprechenden Missionen genügend Aufmerksamkeit? Ist in Bezug auf deren Betreuung und Fürsorge, aber auch in Bezug auf Dank und Anerkennung alles in Ordnung? Wir haben als grüne Bundestagsfraktion im letzten Jahr ein Fachgespräch für zivile und militärische Rückkehrerinnen und Rückkehrer organisiert. Das waren sehr unterschiedliche Gruppen mit sehr unterschiedlichen Ansichten. Aber eines war ihnen allen gemeinsam: Sie alle hatten das Gefühl, sich in einem wichtigen Einsatz engagiert zu haben. Aber nicht alle hatten, als sie zurückgekehrt waren, das Gefühl, dass Interesse an ihren Erfahrungen und Erlebnissen bestand, dass die Lessons Learned im politischen Raum angekommen sind. Vielleicht haben Sie, meine Damen und Herren, auch Gespräche mit Polizeibeamten geführt, die in Afghanistan eingesetzt waren. Diese erzählen, dass sie, nachdem sie einen so wertvollen Beitrag für die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte geleistet haben, von ihren Kollegen nach der Rückkehr gefragt wurden: Einen schönen Urlaub in Afghanistan gehabt? Wie oft lesen wir in den Medien von Menschen, die sich in solchen Friedensmissionen engagieren?

 

Meine Damen und Herren, nächste Woche, am 11. Juni, begehen wir zum zweiten Mal den Tag des Peacekeepers in Deutschland. Das ist ein bisschen der Aufhänger unseres heutigen Antrags. Es ist ein guter Anfang, dass es einen solchen Tag gibt und dass wir ihn zum zweiten Mal feiern. Aber er sollte für uns auch Ansporn sein, mehr zu tun; denn wir können noch einiges machen. Es geht um eine bessere Versorgung und Betreuung der zivilen Einsatzkräfte, aber auch darum, für diese Mittel mehr Öffentlichkeit zu schaffen sowie an Schulen und Universitäten von dem Engagement dieser Menschen zu berichten. Die Menschen, die solche Aufgaben übernehmen, dürfen ihr Engagement nicht als Karrierehemmnis erleben. Vielmehr muss das etwas Positives in ihrer politischen Laufbahn sein. Auf all das zielen unsere Vorschläge ab, die wir heute mit unserem Antrag vorlegen.

 

Meine lieben Kollegen und Kolleginnen, ich kann mir nicht vorstellen, dass man wirklich etwas dagegen haben kann. Ich möchte Sie gerne dazu einladen, dass wir uns gemeinsam an einen Tisch setzen und wir uns hier vielleicht überlegen, was wir verbessern wollen und können, und dass Sie bei unserer Initiative mitmachen. Ich glaube, es wäre ein schönes Zeichen, wenn wir nächstes Jahr ein drittes Mal den Tag des Peacekeepers feiern. Auf diesem Weg sollten wir ein gutes Stück vorankommen Ich finde, dass die Menschen, die diese wertvollen Aufgaben erfüllen und dieses gefährliche Engagement auf sich nehmen, das auch verdient haben.

 

Vielen Dank.