Agnieszka Brugger agnieszka-brugger.de

Nuklearwaffen

Höchste Zeit für ein atomwaffenfreies Deutschland

Ein Beitrag von Agnieszka Malczak auf der Homepage der Grünen Bundestagsfraktion über die Chancen, endlich die Atomwaffen aus Deutschland abzuziehe.

Im Koalitionsvertrag kündigt die Bundesregierung an: "[…] im Zuge der Ausarbeitung eines strategischen Konzeptes der NATO werden wir uns im Bündnis sowie gegenüber den amerikanischen Verbündeten dafür einsetzen, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden." Um Schwarz-Gelb dazu zu bewegen, den Worten Taten folgen zu lassen, haben wir Grüne einen Antrag zum Abzug aller in Deutschland verbliebenen Atomwaffen eingebracht. Wir sehen dabei die Bundesregierung in der Pflicht, einen unverzichtbaren Beitrag zur Verwirklichung einer atomwaffenfreien Welt zu leisten.

In unserem Antrag fordern wir die Beendigung der nuklearen Teilhabe und den schnellst möglichen Abzug der US-Atomwaffen aus Büchel in Rheinland-Pfalz. Die anderen Oppositionsfraktionen unterstützen unsere Initiative. Um die Regierung möglichst bis zur Überprüfungskonferenz des Nicht-Verbreitungs-Vertrages (NVV) vom 3. bis 28. Mai in New York zum Handeln zu drängen, werden wir mit allen, die sich für ein atomwaffenfreies Deutschland einsetzen, zusammenarbeiten und unsere Kräfte bündeln. Grundsätzlich findet der Vorstoß in allen Bundestagsfraktionen Resonanz, wobei in einigen Bundestagsreden der CDU/CSU-Fraktion leider immer noch abgestandene Kalte-Kriegsrhetorik mitschwingt und das Ziel eines atomwaffenfreien Deutschlands skeptisch gesehen wird. Wir von Bündnis90/Die Grünen halten die abwartende bis zurückhaltende Haltung von Teilen der Regierungsparteien angesichts der aktuellen Entwicklungen auf diesem Gebiet für völlig verantwortungslos. Nur wenn wir in Deutschland unsere eigene Verantwortung wahrnehmen, können wir auch andere davon überzeugen, den Weg in eine Welt ohne Atomwaffen freizumachen und somit die nukleare Bedrohung überall und für immer beseitigen.

Einmalig günstige Rahmenbedingungen für ein atomwaffenfreies Deutschland

Die Gegner der nuklearen Abrüstung können nicht mehr behaupten, dass sie grundsätzlich dazu bereit wären, auf Atomwaffen zu verzichten, wenn es nur die weltpolitischen Rahmenbedingungen erlauben würden. Wer die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland und Europa heute noch als Rückversicherung und Beitrag zur Bündnissolidarität innerhalb der NATO betrachtet, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Spätestens seit der Verleihung des Friedensnobelpreises an den US-Präsidenten Obama und mit seiner historischen Rede in Prag sind einmalige Rahmenbedingungen für eine atomwaffenfreie Welt geschaffen. Die größte Atommacht unterstützt diese Vision und ist bereit, konkrete Schritte zur Reduzierung ihres Atomwaffenarsenals einzuleiten. Russland und die USA stehen seit Herbst letzten Jahres in Verhandlungen zu einem neuen START-Vertrag, mit dem ein umfassender bilateraler nuklearer Abrüstungsprozess in Gang gesetzt werden soll. Die Änderungen in den Einstellungen der größten Atommächte haben die Atmosphäre in den Vorbereitungskonferenzen für die nächste NVV-Überprüfungskonferenz verbessert. Ein Scheitern wie bei der letzten NVV-Konferenz 2005 können wir uns nicht leisten, wenn wir die historische Chance für einen neuen globalen Abrüstungsprozess nicht einfach verstreichen lassen wollen.

Wir stehen an einem Scheidepunkt

Trotz der positiven Signale im Bereich der nuklearen Abrüstung erleben wir zurzeit eine beispiellose Aufrüstungsdynamik. Die weltweiten Militärausgaben steigen kontinuierlich und überschreiten selbst die Höchststände während des Kalten Krieges. Dies betrifft insbesondere Weltregionen, die eine hohe Gefahr für künftige Gewaltkonflikte bergen sowie die aufstrebenden Welt- und Regionalmächte. Eine zunehmende Zahl von Staaten ist indes dabei, ihre nukleare Enthaltsamkeit in Frage zu stellen. Die neuen aufstrebenden Länder werden die bisherigen Privilegien der offiziellen Atommächte nicht länger akzeptieren. Wenn es nicht gelingt, die Überprüfungskonferenz im Frühjahr zum Erfolg zu führen, ist nicht nur das Ziel "Global Zero", sondern sind auch die bestehenden Errungenschaften des NVV bedroht. Ein Scheitern der versprochenen nuklearen Abrüstung würde uns in den Zustand permanenter Unsicherheit der 60er Jahre zurückwerfen und ein neues Zeitalter des Rüstungswettlaufs unter mehr als nur zwei Großmächten heraufbeschwören.

Der Abzug der amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland kann für die Verhinderung eines solchen Szenarios durchaus eine wichtige Rolle spielen. Denn ungeachtet ihrer Absichtserklärung zur nuklearen Abrüstung haben die USA eine Modernisierung ihrer Atomwaffen beschlossen. Im Haushaltsjahr 2010 sollen mindestens 32,5 Millionen US-Dollar investiert werden, um zu untersuchen, wie atomare Fliegerbomben des Typs B 61 modernisiert werden können. Beim Jagdbombergeschwader 33 der Luftwaffe in Büchel in Rheinland-Pfalz lagern Waffen genau dieses Typs im Rahmen der nuklearen Teilhabe der NATO. Anfang 2010 wird die US-Regierung den Bericht zur Zukunftsplanung des US-Nuklearwaffenpotentials vorlegen und könnte dabei nach Ansicht von Fachleuten bestätigen, dass eine neue Bombe erforderlich ist. Dies könnte einen baldigen Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland deutlich erschweren.

Vor diesem Hintergrund fordern wir Außenminister Westerwelle dazu auf, seine Worte in die Tat umzusetzen und in New York einen konkreten Plan zum Abzug der Atomwaffen aus Deutschland vorzulegen. Deutschland und die EU sollten sich nicht länger mit der Zuschauerrolle begnügen und selbst den Mut zu neuen Initiativen aufbringen. Die Zeit drängt! Wir wollen, dass Deutschland eine führende Rolle im Abrüstungsprozess wahrnimmt und sich im Dialog mit den USA energisch dafür einsetzt, die letzten noch auf deutschem Boden verbliebenen Atomwaffen abzuziehen!