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Meine Bundestagrede vom 09.07.2025

Die komplette Rede findet ihr hier: https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7634058#url=aHR0cHM6Ly93d3cuYnVuZGVzdGFnLmRlL21lZGlhdGhla292ZXJsYXk/dmlkZW9pZD03NjM0MDU4&mod=mediathek


Sehr geehrter Herr Präsident! 

Liebe Kolleginnen und Kollegen! 

Wer hierzulande ein Kind bekommt, stellt sich viele Fragen. Viele sind schön, manche sind beängstigend – für jede Familie. Für Schwangere im Tschad, in Afghanistan oder Nigeria stellt sich aber leider eine sehr andere und beängstigende Frage: Werde ich die Geburt überhaupt überleben? Im Schnitt stirbt weltweit alle zwei Minuten eine Mutter oder ihr Neugeborenes bei der Geburt. Die Hebamme Ernestine Nedjoumbaye trägt zum Beispiel im Tschad dazu bei, Geburten sicherer zu machen. Dank ihr und ihren Kolleginnen ist die Müttersterblichkeit in den letzten 20 Jahren um 40 Prozent gesunken. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich: „Wir haben das Wochenende damit verbracht, USAID im Holzhäcksler zu vernichten. Hätten auch auf ein paar gute Partys gehen können. Haben stattdessen das gemacht.“ Das hat Elon Musk im Februar geschrieben. An einem Wochenende hat die Trump-Regierung die US-amerikanische Entwicklungszusammenarbeit und damit auch die langsamen Fortschritte der letzten Jahrzehnte zerschlagen. Jetzt werden überall im Globalen Süden Kliniken geschlossen, Hebammen entlassen. 

Die lebensrettende Malariaimpfung bleibt aus, die Soforthilfe in der Hungersnot, das Projekt für Landwirtinnen und Landwirte, die Hilfe brauchen, sich an die Folgen der Klimakrise anzupassen, die sie selbst ja gar nicht verursacht haben. Gerade die Folgen der Erderhitzung werden für die ärmsten Menschen dieser Welt immer brutaler, die Hilfe, die sie deswegen bekommen, immer weniger. Es ist heute schon mehrfach genannt worden, aber ich finde, man kann es nicht oft genug sagen: Die Folgen der Zerschredderung von USAID werden in den nächsten Jahren bis zu 14 Millionen Menschen das Leben kosten, davon 5 Millionen Kinder. 

Kindersterblichkeit und Hunger, Epidemien und Klimakrisen – das sind keine Naturgesetze. Wir und diese Welt sind in der Lage, sehr viel Leid zu lindern und auch viel Leid zu verhindern, wenn wir es nur wollen. Seit Monaten klafft schon eine reale, weltweite Hilfslücke, die immer größer wird. Es ist auch eine moralische Lücke. Und es entsteht eine gefährliche geopolitische Schwäche. China und Russland arbeiten eiskalt strategisch daran, unsere Weltordnung nach ihren Interessen zu formen, Demokratien zu schwächen und ihre Macht auszubauen. Wenn wir aus der Mitte des demokratischen Europas diese Lücke nicht füllen, werden sie es tun. Und wenn ein paar menschenverachtende, zynische und grausame US-Milliardäre mit Menschenleben und mit unser aller Sicherheit spielen, dann reicht es nicht, sich nur zu empören. Es gilt, dann zu handeln. 

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier noch vor wenigen Minuten über den Verteidigungshaushalt gesprochen. Es ist ja richtig und notwendig, in einer unsicheren Welt mehr Geld für unsere Sicherheit auszugeben. Aber bei Verteidigung mit Milliarden zu klotzen und bei Diplomatie, bei Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe Millionen zu streichen, das ist nicht nur dumm, das ist auch grausam und gefährlich. Unsere Welt wird dadurch noch unsicherer. 

Lieber Kollege Stefinger, wenn wir jetzt schon mal beim Thema Ehrlichkeit sind: Es ist schon ein bisschen unlauter, diesen Haushalt mit denen der letzten Jahre zu vergleichen. Denn wir hatten das, was Sie von uns bekommen haben, nicht, nämlich eine Änderung des Grundgesetzes, die Ihnen ganz andere finanzielle Spielräume ermöglicht, als wir sie je hatten. Trotzdem kürzen Sie im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Weder Herr Merz heute noch Lars Klingbeil gestern haben auch nur ein einziges Wort zu diesen Sachen gesagt. Das ist ein menschliches und auch ein sicherheitspolitisches Armutszeugnis, finde ich. 

Frau Ministerin, auch Sie haben diese Kürzung offensichtlich hingenommen und nur halbherzig Ihren Etat verteidigt. In diesen Zeiten braucht es eine Entwicklungsministerin, die nicht gegenüber dem Finanzministerium und dem Kanzleramt nachgibt, sondern eine Ministerin und auch eine SPD-Fraktion, die sich selbstbewusst für diese wichtigen Haushaltsmittel einsetzen. Kämpfen Sie für diese Mittel. Sie erhöhen unsere Sicherheit und retten Leben. Wir Grüne werden da nicht aufgeben.