So redet man nicht über einen Krieg als Bundeskanzler
Die Lage ist gefährlich, die Situation komplex, viele Details unklar. Wir können und müssen über vieles diskutieren. „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht für uns alle“ hat Friedrich Merz gestern im ZDF gesagt: https://www.spiegel.de/ausland/friedrich-merz-ueber-angriff-auf-iran-das-ist-die-drecksarbeit-die-israel-macht-fuer-uns-alle-a-71944925-bffa-4ce9-beba-75f48107ce1e
Klar ist aber: So redet man nicht über einen Krieg, bei dem auf beiden Seiten unschuldige Menschen sterben. Gerade als Bundeskanzler.

Ein nuklear bewaffneter Iran ist eine existenzielle Bedrohung für den Staat Israel und eine große Gefahr für die gesamte Welt. Die Menschen in der Region und im eigenen Land leiden seit Jahrzehnten unter diesem Terrorregime. Trotz aller Warnungen, Sanktionen und Gesprächsangeboten hat die iranische Führung ihr Atomprogramm massiv vorangetrieben und bricht damit zentrale internationale Verträge.
Die vielen komplexen Konflikte in der Region sind eng miteinander verknüpft. Jede militärische Eskalation birgt deshalb ein besonders großes Risiko. Angesichts der vielen offenen Fragen (was macht Donald Trump und vieles mehr) und vieler nicht gesicherten oder zu überprüfenden Fakten ist eine Reihe von unterschiedlichen Szenarien möglich.
Deshalb wundere ich mich über alle, die schon jetzt eine selbstgewisse Meinung haben, die auch noch zu dem passt, was sie sowieso schon immer gesagt haben. Andere Analysen lese ich mit großem Interesse. Sehr viele Menschen im Iran, in Israel und ihren Nachbarstaaten haben gerade große Angst.
Dem müssen alle, die über die Lage reden auch Rechnung zollen. Die Aussagen von Kanzler Merz sind auch ein Schlag ins Gesicht der vielen mutigen Menschen im Iran & im Exil, die sich in den vergangenen Tagen mit Empathie für die Opfer auf beiden Seiten für ein Ende der Gewalt, gegen das iranische Regime & sein Atomprogramm ausgesprochen haben.
Mein Kollege Omid hat heute ein sehr kluges Interview im Deutschlandfunk gegeben. Und darauf hingewiesen, dass entgegen der Aussagen von Friedrich Merz keinesfalls klar ist, dass diese Militärschläge ein Abschied des iranischen Regimes von der Atombombe sind: https://www.deutschlandfunk.de/lage-im-iran-interview-mit-omid-nouripour-gruene-100.html
Insgesamt könnte ich einen hunderteiligen Thread zu allen politischen, militärischen und völkerrechtlichen Aspekten in diesem Konflikt schreiben. Und dazu, wie angesichts dieser gefährlichen Situation gerade die deutsche „Außenpolitik aus einem Guss“ dasteht, während die Kommentierung von Kanzler, Außenminister und Verteidigungsminister mittlerweile himmelweit auseinanderklafft.
Mir war es aber vor allem wichtig, auch den vielen Menschen in unserem Land, die durch den Begriff „Drecksarbeit“ verletzt wurden zu zeigen, dass nicht alle Politiker*innen diese Haltung und insbesondere diese Wortwahl teilen.
Gerade auch weil ich mich schon als junge Abgeordnete im Unterausschuss Abrüstung mit dem iranischen Atomprogramm beschäftigt habe und es schwer erträglich finde, wenn derart zynisch über solche schwerwiegenden Fragen von Krieg und Frieden gesprochen wird.