Agnieszka Brugger agnieszka-brugger.de

Nuklearwaffen

Die Bombe tickt

Agnieszka Malczak findet, dass es höchste Zeit ist für eine Welt ohne Atomwaffen! Ein Artikel im SPUNK, der Mitgliederzeitung der Grünen Jugend.

Eine friedliche, sichere Welt mit Atomwaffen – egal in wessen Hand – kann es nicht geben. 1970 trat der Nichtverbreitungsvertrag, auch bekannt als Atomwaffensperrvertrag, in Kraft: Er verpflichtete die damaligen Atommächte USA, Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien und China zur Abrüstung. Im Austausch dafür sollte die Weiterverbreitung verhindert werden und kein weiterer Staat mehr über Atomwaffen verfügen dürfen. Gleichzeitig garantierte dieser Vertrag den Staaten das Recht auf die zivile Nutzung der Atomkraft unter Überwachung durch die Internationale Atomenergiebehörde. Der Vertrag war zwar eine Errungenschaft, konnte aber nicht verhindern, dass Nichtvertragsparteien wie Indien, Pakistan und Israel militärische Atomprogramme entwickelt haben und es zu massiven Verletzungen des Vertrages durch Vertragsparteien kam, wie im Fall von Nordkorea oder dem Iran.

Weltweit gibt es über 5000 einsatzbereite Atomsprengköpfe

Als der Kalte Krieg endete, ging ein Aufatmen durch die Welt. Die Gefahr eines Atomkrieges schien gebannt. Atomwaffen und ihre Trägersysteme wurden zu Relikten einer vergangenen Weltordnung, die ihrer Ausrangierung zu harren schienen. Es kam sogar zu einigen relevanten Abrüstungsschritten, bis unter der Bush-Administration eine abrüstungspolitische Eiszeit begann. Nun kann man denken, dass es wenigstens nicht schlimmer wird, wenn nichts passiert, doch inzwischen hat sich die Welt verändert. Die nukleare Bedrohung hat eine völlig neue Qualität erreicht. Der Zombie Atomwaffe erwacht wieder zum Leben und das gefährlicher denn je. Wir stehen an einem Scheideweg. Der eine Weg beginnt mit einer Vision: Global Zero – eine Welt ohne Atomwaffen. Der andere führt zu mehr Unsicherheit und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines katastrophalen Einsatzes von Atomwaffen, sei es durch einen Kernwaffenstaat oder nichtstaatliche, kriminelle bzw. terroristische AkteurInnen. Wer die Verbreitung von Atomwaffen verhindern will, muss für konsequente Abrüstung und nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus sicherheitspolitischen Gründen für den Ausstieg aus der zivilen Nutzung der Atomenergie streiten.

Bejubelt und auch belächelt wurde Obama für seine Rede in Prag 2009, wo er sich für eine Welt ohne Atomwaffen aussprach. Damit wurde die Abrüstungspolitik wieder wachgeküsst. Ein Jahr später hat er seine schönen Worte in Politik gegossen: In der neuen Nuklearstrategie wird beispielsweise die Rolle von Atomwaffen stark herabgesetzt, endlich gibt es einen neuen START-Vertrag zwischen den beiden größten Atommächten Russland und USA, der die Reduktion der Zahl von strategischen Atomwaffen und Trägersystemen vorsieht. An alldem kann man zu Recht einiges kritisieren, aber es sind trotzdem erste Schritte in die richtige Richtung.

Abrüstungspolitik wieder Kür in der internationalen Politik

Atomwaffen sind leider trotzdem wieder sehr in Mode. Aufstrebende Regionalmächte stellen ihre nukleare Enthaltsamkeit in Frage und streben nach mehr Macht mit Atomwaffen als Druckmittel. Andere Staaten, wie zum Beispiel Nordkorea, rechtfertigen ihren Kernwaffenbesitz damit, dass es ihnen wohl sonst wie dem Hussein-Regime im Irak ergehen würde. Gerade Staaten wie Indien und Pakistan, beides Atommächte und im ständigen Dauerkonflikt, oder aber Israel im Nahen Osten und das Streben Irans, über die zivile Nutzung in den Besitz einer Kernwaffe zu gelangen, zeigen, dass Atomwaffen besonders in Konfliktregionen Sicherheit und Frieden bedrohen. So werden andere Staaten in diesen Regionen animiert, ihre Hände ebenfalls nach der Bombe auszustrecken. Viele Staaten verfügen mit dem Wissen über die zivile Nutzung der Atomenergie auch über das technische Know-How und die industriellen Kapazitäten, um in nur wenigen Monaten militärische Atomprogramme zu entwickeln.

Die zivile und militärische Nutzung der Atomtechnologie birgt ein weiteres großes und ungelöstes Problem: Weltweit lagern tausende Tonnen Nuklearmaterial, teilweise nur durch einen Maschendrahtzaun geschützt. Die Gefahr, dass dieses Material auch in die Hände von nichtstaatlichen AkteurInnen gerät, ist riesig. Hundertprozentige Sicherheit wird man hier niemals gewährleisten können. Es ist eine tickende Zeitbombe. Und je mehr Staaten Atomkraftwerke bauen, je mehr Staaten Atomwaffen haben, desto unsicherer wird unsere Welt.

So sinnvoll der Nichtverbreitungsvertrag auch war und ist, langfristig hilft nur eine Nuklearwaffenkonvention, die den Einsatz, Besitz und die Produktion von Atomwaffen verbietet. Ähnlich, wie dies auch bei anderen Massenvernichtungswaffen gelungen ist. Es ist zwar wichtig, über die Zahlen der Waffen zu sprechen und diese zu reduzieren, aber gerade, wenn es um die letzten Atomwaffen gehen wird, kann nur ein System aus Rüstungskontrolle, vertrauensbildenden Maßnahmen und Transparenz zu einer weltweiten Abrüstung führen. Und nicht zuletzt ist die Welt sicherer, wenn sowohl die militärische als auch die zivile Nutzung der Atomtechnologie ein für allemal Geschichte ist – auch deshalb sind die weltweite Förderung der erneuerbaren Energien und der Ausstieg aus der Atomkraft unverzichtbar.