Bundestagsrede vom14.05.2025
Sehr geehrter Herr Präsident!
Sehr geehrte Damen und Herren! Frieden auf unserem Kontinent, Frieden in der Ukraine - das wünscht sich niemand so sehr wie die unschuldigen Menschen dort, aber auch die allermeisten hier. Und so sehr ich mir ein Ende der Gewalt wünsche, so wenig naiv bin ich, zu glauben, dass Putin es dieses Mal denn ernst meint. Seine Bomben und Drohnen sprechen jeden Tag eine Sprache der zynischen Brutalität. Putin will keinen Frieden, sondern maximal eine Atempause, in der er sich Zeit, Geld und Gelegenheit für weitere brutale Angriffe auch über die Ukraine hinaus verschaffen kann. Und darauf dürfen und darauf werden wir in Europa nicht reinfallen!
Wer Präsident Putin mit neuen Sanktionen und mehr Härte droht, muss entschlossen und glaubwürdig sein. Und da sind wir bei einem Problem: Ralf Stegner trifft in grenzenloser Naivität sanktionierte Verbrecher und Putin-Vertraute in Baku, wovon am Ende nur Moskau profitiert. Der CDU-Abgeordnete Bareiß bringt Gaseinkäufe aus Russland über die Pipeline Nord Stream 2 ins Spiel. Gerade wenn die Attacken des Kremls auch hierzulande immer heftiger werden - von Sabotageangriffen bis hin zu Brandbomben in Flugzeugen -, sollten wir doch nicht auch noch darüber nachdenken, wie wir das bezahlen können.
Meine Damen und Herren! Kaum regieren SPD und Union wieder zusammen, erwachen die Zombies der alten Moskau-Connection wieder zum Leben. Und man fragt sich: Wo ist hier der deutsche Außenminister, und was sind seine Positionen? Auch mit Blick auf die erneuten Sorgen unserer wichtigsten europäischen Partner fordere ich Sie auf, Herr Außenminister: Schließen Sie die Wiederinbetriebnahme der russischen Pipelines am besten heute noch klipp und klar aus!
Statt abgelaufener Ultimaten und leerer Drohungen braucht es schärfere Sanktionen: von Düngemitteln über Fahrzeuge, Maßnahmen bei den eingefrorenen russischen Vermögen, mehr Unterstützung für die Ukraine, auch weit über das hinaus, was die EU heute angekündigt hat. Dafür haben Sie unsere vollste Unterstützung. Und zugleich verspreche ich Ihnen: Als grüne Opposition werden wir gerade in diesem Bereich alles gnadenlos aufklären
und mit aller Kraft für eins kämpfen: Nie wieder dürfen sich die Fehler vergangener Bundesregierungen wiederholen, dass wir unsere Energieversorgung abhängig machen vom Kriegsverbrecher im Kreml und seine Kriegskassen erneut füllen.
Meine Damen und Herren, zugleich war die von Kanzler Merz viel beschworene europäische Einigkeit leider offensichtlich nur eine kurze Momentaufnahme in einem gemeinsamen Zugabteil auf einer sehr richtigen und wichtigen Reise. Denn fast zeitgleich hat er gemeinsam mit Innenminister Dobrindt rund um das Thema Grenzkontrollen ein Chaos verursacht, nicht nur in der eigenen Koalition, sondern auch bei unseren wichtigsten europäischen Partnern. Die öffentlichen Reaktionen aus Polen, aus Österreich, aus der Schweiz sind genau das Gegenteil der notwendigen Einigkeit. Und alle fragen sich: Wo ist eigentlich der neue Chefdiplomat Deutschlands, wenn all unsere Partner derart verärgert werden und unser stärkstes Pfund, ein starkes und gemeinsames Europa, hier aufs Spiel gesetzt wird?
Meine Damen und Herren, so unsichtbar wie der Außenminister in dieser Frage sind manche außenpolitischen Herausforderungen in Ihrem Koalitionsvertrag - so, als wäre in den USA nicht wirklich irgendetwas passiert, oder auch bei der Klimakrise. Während Sie weiter von noch mehr fossilem Gas träumen, spielt die Jahrhundertherausforderung der Klimakrise international keine Rolle mehr für das Auswärtige Amt. Es geht dabei um die Zukunft unserer Kinder; aber die internationale Klimapolitik war in dieser Weltlage ein echtes Pfund, mit dessen Hilfe wir aus zahlreichen Ländern enge Partner gemacht haben. Herr Außenminister, dass Sie sich das aus Ideologie aus Ihrem Haus haben wegnehmen lassen, das ist nicht nur ein großer Machtverlust für das Auswärtige Amt, sondern es ist auch ein großer strategischer Fehler.
Dieses neue Bündnis wollte alles besser machen als die Ampel und vom Tag eins ins Machen kommen. Stattdessen beobachten wir jetzt schon eine Chaoskoalition: gebrochene Wahlversprechen, panische Änderungen des Grundgesetzes, Chaos bei den Grenzkontrollen, ein Kanzler, der es erst beim zweiten Wahlgang schafft, da ihm der Rückhalt in der eigenen Koalition fehlt und er sie nicht unter Kontrolle hat - ein historischer Fehlstart, der auch Sorgen im Ausland ausgelöst hat. Ich sage Ihnen: Als Opposition könnte man sich normalerweise zurücklehnen und freuen. Aber angesichts des Ernstes der Lage und der Größe der Herausforderungen fühlen wir keine Schadenfreude.
Es braucht ein starkes Deutschland, ein europäisches Deutschland in einem starken Europa und eine Bundesregierung, die ihren Job kompetent macht. Dabei werden wir Sie, Herr Minister, kritisch und mit Härte begleiten, aber Sie auch da unterstützen, wo es die Interessen und das Wohl und die Werte unseres Landes erfordern. Das haben wir in den vergangenen Wochen an mehreren Stellen bereits gezeigt. Und das ist das, was grüne Oppositionsarbeit von der Opposition der Union unter Friedrich Merz unterscheiden wird.
Vielen Dank.