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Reden und Videos

Rede "Betreuungskommunikation verbessern"

 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Jede und jeder, der eine Fernbeziehung geführt hat, kennt die große Bedeutung von Telefon und Internet. Wir Abgeordneten machen durch die Pendelei zwischen Berlin und Wahlkreis unsere Erfahrungen mit der räumlichen Distanz von der Familie. Ich bin mir sicher, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass niemand von uns auf Telefon oder Internet verzichten möchte.

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Einsatz sind nicht nur für einige Tage oder Wochen von ihren Familien getrennt, sondern in der Regel für mehrere
Monate. Gewalt und Gefahr gehören in dieser Zeit zum Alltag der Bundeswehrangehörigen. Mit diesem Alltag im Einsatz klarzukommen, ist eine enorme Herausforderung; allein ist das kaum zu schaffen. Der Austausch mit den eigenen Angehörigen ist unverzichtbar für die Bewältigung der Einsatzrealität. Auch die Angehörigen brauchen wiederum die regelmäßige direkte Kommunikation, damit sie mit der Angst um die Soldatinnen und Soldaten auch umgehen können.

Das alles ist nichts Neues; denn die Bundeswehr ist seit bald 20 Jahren im Einsatz. Dabei dauern die Einsätze auf dem Balkan und in Afghanistan seit mehr als einem Jahrzehnt an. Auf vielen Reisen hören wir heute immer wieder die gleichen Klagen. Dennoch sah sich das Verteidigungsministerium bis heute nicht in der Lage, für die Soldatinnen und Soldaten die notwendige Infrastruktur für kostenloses Telefonieren, Mailen, Skypen und Simsen zu schaffen. Das ist ausgesprochen bitter, meine Damen und Herren.

Es ist richtig, dass wir Grünen bei Auslandseinsätzen manchmal nicht die Meinung der Regierung teilen und leidenschaftlich über ihren Sinn und Zweck sowie über ihre Ausgestaltung diskutieren. Die Frage aber, wie sich der Dienstherr um die Bundeswehrangehörigen im Einsatz kümmert, ist von unserer Zustimmung zu diesem
Einsatz unabhängig. Die Bundesregierung muss der Fürsorgepflicht nämlich bei jedem Einsatz gerecht werden.

Im Verteidigungsausschuss wurde die deutliche Vernachlässigung der Fürsorgepflicht wiederholt fraktionsübergreifend und auch in aller Deutlichkeit kritisiert. Eine grundlegende Verbesserung trat leider nicht ein. Im vergangenen Jahr wurde es der Fraktion der Grünen zu bunt. Im Mai 2011 haben wir den Antrag in dieses Parlament eingebracht, den Soldatinnen und Soldaten im Einsatz endlich in angemessener Qualität und Verfügbarkeit die Internettelefonie zu ermöglichen. Ich freue mich wirklich außerordentlich, dass diese Initiative bei allen Fraktionen Anklang gefunden hat und wir nun einen neuen Antrag einbringen, wenn auch leider nur mit vier Fraktionen. An dieser Stelle danke ich den Kollegen ganz herzlich für die sehr gute Zusammenarbeit.

Ich hätte mich noch mehr gefreut, wenn wir diese Initiative zu fünft ergriffen hätten. Immerhin hat sich die Fraktion Die Linke von der Kooperationsverweigerung der Unionsfraktion nicht völlig vergrätzen lassen und in ihrem eigenen Antrag die Einigkeit in den wesentlichen Punkten demonstriert, unter anderem – auch das muss man sagen –, indem sie Passagen unseres ersten Arbeitsentwurfs wortwörtlich übernommen hat, was uns sehr freut.
Leider haben Sie aber auch – das hat Ihre Rede gezeigt – ein paar sehr polemische und weniger sinnvolle Punkte ergänzt, sodass wir Ihrem Antrag nicht folgen können.

Dennoch ist diese fraktionsübergreifende Einigkeit heute ein sehr deutliches Signal an die Adresse des Verteidigungsministeriums: Das Parlament nimmt seine Fürsorgepflicht gegenüber der Parlamentsarmee im Einsatz sehr ernst. Es ist unser explizites Anliegen, dass die Möglichkeiten der Kommunikation aus dem Einsatz nach Hause jetzt ausgebaut und angepasst werden. Auch bei zukünftigen Einsätzen müssen die notwendigen Maßnahmen für eine funktionierende Betreuungskommunikation von Anfang an ergriffen werden. Sicherlich, eine so umfassende Betreuungskommunikation kostet Geld. Im Verhältnis zu den Gesamtkosten eines Einsatzes sind die Beträge, über die wir reden, aber eher klein. Es sollte uns jeden Cent wert sein, weil wir den Soldatinnen und Soldaten und ihren Familien dadurch helfen, die Zeit der Trennung zu überstehen.

Die Bundesregierung ist sehr gut beraten, dieses Zeichen nicht länger zu ignorieren. Sie sollte schnellstmöglich handeln. Der Ball liegt jetzt bei Ihnen, Herr
de Maizière.


Vielen Dank.