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Rede zu Atomwaffen in Büchel

30.09.2015

Rede zu Atomwaffen in Büchel

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 25 Jahre nach Ende des Kalten Krieges sind immer noch US-amerikanische Atomwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe in der NATO in Büchel, in Rheinland-Pfalz, stationiert, und die Bundeswehr hält Trägermittel Tornados bereit, um diese Waffen im Ernstfall abzuwerfen. Wir sagen als Grüne nicht erst seit heute: Es ist höchste Zeit, dass diese Waffen abgezogen werden.

 

Lieber Kollege Ulrich, wir sind Ihnen sehr dankbar, dass Sie als Linksfraktion das heute zum Thema machen. Wir Grüne haben in den letzten Jahren auch schon zahlreiche Anträge dazu gestellt. Bei Ihrer Rede haben wir nur teilweise geklatscht, weil nicht alles richtig war. Ich möchte Sie explizit darauf hinweisen, dass sich unsere grüne stellvertretende Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, Eveline Lemke, in dieser Frage sehr klar und deutlich positioniert hat.

 

Meine Damen und Herren, das Thema ist sehr aktuell. Vor Jahren hat Obama entschieden, dass das amerikanische Nuklearwaffenarsenal modernisiert werden soll, und die Anzeichen mehren sich, dass das jetzt in die Tat umgesetzt wird. Hinter dem netten und verharmlosenden Begriff „Lebensdauerverlängerung“, der in diesem Zusammenhang gebraucht wird, verbirgt sich ein milliardenschweres Aufrüstungsprogramm, von dem auch die in Büchel gelagerten Waffen betroffen sind. Das bedeutet in der Konsequenz, dass aus der Bombe B61 die noch präzisiere und gefährlichere Variante B61-12 wird. Infolge dessen müssen auch die Flugzeuge, die Tornados, für Millionen Euro umgerüstet werden. Sie werden länger in Betrieb gehalten, als es ursprünglich geplant war. Auch das kostet ordentlich Geld. Gleichzeitig sagen alle Experten Herr Kiesewetter, hier werden Sie nicht widersprechen , dass diese Waffen keinen militärischen Nutzen mehr haben.

 

Es ist doch naiv, zu glauben, dass, wenn diese Waffen für Unsummen modernisiert werden und die Trägermittel ebenfalls, es zu einem baldigen Abzug dieser Waffen kommen wird. Deshalb können wir die Bundesregierung nur auffordern: Ziehen Sie endlich die Notbremse!

 

Ich zitiere aus der Bundestagsdrucksache 17/11323 sie ist aus der letzten Legislaturperiode , die den Titel trägt: „Keine Modernisierung der US-Nuklearwaffen in Europa und Deutschland Abrüstungschancen nicht ungenutzt lassen“. Die antragstellende Fraktion fordert darin die Bundesregierung auf, „deutlich klarzustellen, dass die Bundesregierung gegen die Stationierung modernisierter B61 in Deutschland und Europa ist“ und „auf eine Modernisierung, Anpassung und Lebensdauerverlängerung des deutschen Trägersystems für substrategische Nuklearwaffen zu verzichten und hierfür auch keine Haushaltsmittel einzuplanen“.

 

Sie denken wahrscheinlich, dieser Antrag stamme von den Grünen oder den Linken; aber er stammt aus der Feder der SPD. Als Antragsteller wird oben namentlich genannt der aktuelle Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich kann Sie nur an das erinnern, was Sie vor nicht allzu langer Zeit gefordert haben. Jetzt, wo Sie Regierungsverantwortung tragen und den Außenminister stellen, haben Sie die Gelegenheit, es in die Realität umzusetzen. Stoppen Sie diesen finanziellen und sicherheitspolitischen Irrsinn!

 

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung betont immer auf dem internationalen Parkett, dass sie sich für eine Welt frei von Atomwaffen einsetzt und die nukleare Abrüstung voranbringen will. Das predigen Sie auf der einen Seite; auf der anderen Seite aber lassen Sie de facto die Aufrüstung dieser Massenvernichtungswaffen im eigenen Land zu. Das ist völlig unglaubwürdig.

 

Ich sage Ihnen, was ich ebenso inakzeptabel finde: Wenn wir die Bundesregierung zu diesen Plänen befragen, versteckt sie sich seit Jahren hinter der Geheimhaltung im Rahmen der NATO. Ich muss Ihnen sagen: Man kann, wenn man denn möchte, die entsprechenden Informationen aus den USA nutzen. Man kann die Dokumente der dortigen Regierung lesen, die dortigen Plenardebatten mitverfolgen und nachlesen und sich in Blogs und Zeitschriften die Meinungen der dortigen Experten anschauen. Da steht alles drin. Ich finde, die Bundesregierung ist an dieser Stelle in der Pflicht, die Fragen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu beantworten und hier auch gegenüber der Öffentlichkeit und den Medien Transparenz herzustellen.

 

Der gute Antrag aus der letzten Wahlperiode, in dem wir uns gemeinsam über die Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg darauf geeinigt haben, den Abzug der nuklearen Waffen zu fordern, ist schon von den Kollegen Ulrich und Kiesewetter angesprochen worden. Es ist ja nicht alltäglich, dass wir alle einer Meinung sind. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, ich kann Sie nur auffordern: Rücken Sie davon nicht ab! Lassen Sie uns an diesem guten Konsens festhalten!

Auch in den Niederlanden sind Atomwaffen im Rahmen der nuklearen Teilhabe stationiert. Die Freundinnen und Freunde im niederländischen Parlament haben sich getraut, ein klares Zeichen zu setzen, und beschlossen, den Modernisierungsplänen, die die Waffen im eigenen Land betreffen, eine klare Absage zu erteilen. Ebenso haben sie beschlossen, dass die niederländischen Kampfflugzeuge in Zukunft keine Atomwaffen mehr tragen dürfen.

 

Insofern würde ich meine Rede gerne mit einem versöhnlichen Appell und einem Angebot insbesondere an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, schließen: Lassen Sie uns doch einen ähnlichen Beschluss fassen und einen mutigen Schritt in Richtung eines atomwaffenfreien Deutschlands gehen.

 

Am Ende ist es eigentlich ganz einfach: Atomwaffen machen die Welt nie, unter keinen Umständen sicherer.

 

Nur Abrüstung bedeutet am Ende mehr Frieden und Sicherheit für alle.

Vielen Dank.