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Rede zum Einzelplan 14: Verteidigung

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Herr Minister, nein, es sind noch nicht alle Fragen beantwortet, weder nach der heutigen Sondersitzung des Verteidigungsausschusses, die wir Grüne beantragt haben, noch nach Ihrem Beitrag in dieser Debatte. Sie haben einige Fragen beantwortet; aber viele wichtige Fragen sind noch offen. Man muss sich damit auseinandersetzen, bevor man eine Zusage gibt.

So konnten Sie uns heute Morgen nicht erklären, Herr Minister, inwiefern ausgerechnet Patriot-Raketen, die gegen Mittelstreckenraketen, aber auch gegen Flugzeuge und Hubschrauber eingesetzt werden können, ein geeignetes Mittel darstellen sollen, um auf die Spannungen im türkisch-syrischen Grenzgebiet zu reagieren. Gegen den Beschuss durch Mörser – das ist das, was gerade passiert – können sie nämlich nichts ausrichten.

Sie konnten auch noch nichts dazu sagen, wo genau die Patriot-Raketen und damit auch die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr stationiert werden sollen. Das ist auch eine wichtige Frage. Außerdem gibt es bisher auch keine Antwort darauf, was denn passiert, wenn die NATO, zum Beispiel durch einen Beschuss der Stellungen, in diesen bewaffneten Konflikt hineingezogen wird. Sie können sich doch nicht einer offenen und ehrlichen Diskussion über das Eskalationsrisiko und über die Gefahr, Konfliktpartei in einem schweren regionalen bewaffneten Konflikt zu werden, verweigern.

Auch ich finde, dass wir die Türkei in dieser schwierigen Situation unterstützen müssen. Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie reden von Bündnissolidarität. Deshalb frage ich zurück: Wo ist Ihre Solidarität mit unseren Partnern, wenn es darum geht, zum Beispiel die Winterprogramme der UN für die Flüchtlingslager in den Nachbarstaaten zu finanzieren? Wo ist Ihre Solidarität, wenn es darum geht, durch die Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien in Deutschland die Türkei zu entlasten?

Da kann ich nur feststellen, dass Sie keine Ahnung davon haben, was Solidarität und Verantwortung bedeuten. Wir Grüne wissen das sehr wohl. Wir haben hier im Bundestag beantragt, dass Deutschland syrische Flüchtlinge aufnimmt. Schwarz-Gelb hat das leider kaltherzig abgelehnt.

Verantwortungslos, aber auch kopflos: das ist die schwarz-gelbe Verteidigungs- und Sicherheitspolitik. Unverantwortlich und kopflos: Das ist auch der Verteidigungshaushalt. Große Teile des Geldes werden für unsinnige Projekte oder unsinnige Beschaffungen ausgegeben; der Kollege Lindner hat dazu schon einiges gesagt. Damit meine ich in erster Linie gar nicht die Luftkissenfahrzeuge und die bundeswehreigene Sonnencreme, die nicht nur in der heute-show für Lacher gesorgt haben. Viele wichtige Fragen, die gerade im Reformprozess eine Rolle spielen, wie zum Beispiel die Vereinbarkeit von Familie und Dienst, packen Sie gar nicht erst an. Falsche Schwerpunkte, falsche Entscheidungen in der Sache, kaum Einsparungen – deshalb nenne ich Ihren Haushaltsentwurf plan- und kopflos.

Wenn Sie, Herr Minister de Maizière, mit einem zufriedenen Schmunzeln dem Verteidigungsausschuss berichten, wie Sie im Rahmen der Haushaltsverhandlungen bei Finanzminister Schäuble noch mehr Geld herausschlagen konnten, dann muss ich sagen: Herr de Maizière, ich kann Ihre Zufriedenheit nicht nachvollziehen, nicht als Mitglied des Verteidigungsausschusses und insbesondere nicht als junge Politikerin, deren Generation mit den finanziellen Entscheidungen von heute noch lange wird leben müssen. Sie vergrößern heute den Schuldenberg – wie mit dem gesamten Haushalt – die Zeche zahlen die jungen Menschen dann morgen. Das nenne ich eine verantwortungslose Politik.

Gerade wenn man schaut, wofür Sie das Geld ausgeben wollen, wird einem deutlich, dass Sie eindeutig Verantwortungsgefühl vermissen lassen. Das betrifft zum Beispiel die Pläne zum Kauf bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr. Ohne zu erklären, wofür genau sie diese neuen Waffensysteme einsetzen will, holt die Bundesregierung schon einmal Angebote für die Beschaffung waffenfähiger Kampfdrohnen ein. Der zunehmende Einsatz solcher Systeme hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Kriegsführung. Dies zeigen nicht zuletzt die Drohnen, die von den USA im Rahmen der Terrorismusbekämpfung zu gezielten Tötungen eingesetzt wurden und deren Einsatz in den letzten Jahren zahlreiche zivile Opfer gekostet hat. Nicht umsonst heißen diese Drohnen übersetzt „Raubtier“ und „Sensenmann“.

Wir alle müssen uns doch die Frage stellen, ob der Einsatz solch ferngesteuerter Systeme nicht dazu führt, dass die Hemmschwelle zum Einsatz militärischer Gewalt sinkt, und das sowohl bei politischen Entscheidungsträgern als auch bei den Militärs im Einsatz. Darüber hinaus besteht beispielsweise auch die Gefahr eines Rüstungswettlaufs. Um genau diese Fragen zu prüfen und zu diskutieren, haben wir Grünen im April einen Antrag eingebracht. Im Ausschuss haben Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, diesen Antrag abgelehnt. Es ist doch schockierend, wie Schwarz-Gelb aus dem bloßen Drang, technologisch mithalten zu wollen, die Risiken, die mit neuen Waffensystemen einhergehen bzw. verbunden sein können, konsequent ignoriert.

Für meine Fraktion kann ich Ihnen sagen: Wir werden nicht nachlassen, Ihnen diese Diskussion abzuringen. Denn ohne eine solche ehrliche ethische, friedenspolitische, völkerrechtliche und abrüstungspolitische Debatte kann es aus unserer Sicht auch keine Beschaffung solcher Drohnen geben.

Deshalb: Hören Sie endlich auf mit dieser kopflosen und verantwortungslosen Sicherheitspolitik, und fangen Sie endlich an, Ihre Sparversprechen mit Verantwortung umzusetzen!

Vielen Dank.