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Rede zum NVV-Antrag der Koa

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 

In vier Tagen beginnt die Überprüfungskonferenz zum Nichtverbreitungsvertrag. Es ist das wichtigste Regime in der internationalen Abrüstungspolitik. Die Verhandlungen stehen leider unter keinem guten Stern, und die Erwartungen sind mehr als bescheiden. Man hofft darauf, dass man das, was man vor fünf Jahren erreicht hat, noch einmal festschreiben kann und dass es überhaupt zu einer Einigung kommt.

 

Liebe Kollegin Höger, ich meine, man kann an diesem Koalitionsantrag zu Recht viel kritisieren, aber die Forderung, dass sich die EU mit Blick auf diese so wichtige Konferenz um eine gemeinsame Position bemühen solle, ist richtig und unterstützenswert. Ich finde, es wäre ein Drama, wenn die Europäische Union in dieser wichtigen Frage keine einheitliche Haltung hätte. Das wäre ein großer Rückschritt für die internationale Abrüstungspolitik.

 

Wenn man zu dem Ergebnis kommt, dass sich die internationalen Rahmenbedingungen für Abrüstung in den letzten Jahren - gerade im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise - verschlechtert haben, dann sollte man nicht so darauf reagieren wie die Bundesregierung und nur lethargisch die Achseln zucken. Genau das machen Sie von der Koalition mit Ihrem Antrag. Vielmehr sollte man sagen: Gerade weil die Lage so schlecht ist, muss man Ausschau halten, wo es neue Ideen und Initiativen gibt und wo neue Dynamik entsteht.

 

Es gibt beispielsweise, aus der Zivilgesellschaft angestoßen, die Humanitäre Initiative, die die fatalen ökologischen, aber auch humanitären Folgen eines Atomwaffeneinsatzes kritisiert. Mittlerweile sind 155 Staaten dieser wichtigen Initiative beigetreten, die viel Dynamik und Hoffnung in die Debatte gebracht hat. Deutschland war aber mit Verweis auf seine NATO-Mitgliedschaft bisher nicht dazu bereit.

 

Sie, Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, fordern jetzt in Ihrem Antrag, dass Deutschland sich weiter an den Diskussionen beteiligen soll. Kleiner geht es wohl nicht mehr.

 

Wie weitere konkrete Ideen aussehen könnten und was Deutschland selbst tun könnte, um neue Bewegung in das Thema hineinzubringen, haben wir schon vor Wochen in unserem grünen Antrag deutlich aufgezeigt. Es wäre gut gewesen, wenn Sie ihn noch einmal gelesen und sich ein bisschen daraus bedient hätten. Denn Ihre lustlose und ideenlose Haltung zur Humanitären Initiative ist nur ein Beispiel, warum Ihr Antrag wenig überzeugend ist.

Ihr Antrag bedeutet auch einen Rückschritt. Vor fünf Jahren hat sich der gesamte Bundestag nach langen Verhandlungen auf eine gemeinsame Position verständigen können. Es war ein sehr wichtiges Zeichen, das von diesem Parlament aus auch bis in die Verhandlungen der Überprüfungskonferenz hineingestrahlt hat, was international sehr breit wahrgenommen wurde. Wir waren zu Verhandlungen bereit. Es gab auch erste Gespräche. Sie sind ausgestiegen. Ich finde das parteipolitisch kleinkariert. Das ist die Arroganz dieser Großen Koalition.

 

Sie hätten noch einmal den alten, guten Antrag lesen sollen. Wir haben uns damals auf die Forderung geeinigt, dass die 20 US-amerikanischen Atombomben, die sich derzeit noch in Büchel in Rheinland-Pfalz befinden, abgezogen werden sollen. Ein atomwaffenfreies Deutschland ist doch ein wichtiges Ziel, gerade wenn man auf internationaler Ebene glaubwürdig für nukleare Abrüstung streiten will. Das ist, finde ich, das Schlimmste an Ihrer Initiative: In dem von Ihnen vorgelegten Antrag findet sich diese Forderung nicht mehr. Sie haben sich damit offensichtlich von diesem Ziel verabschiedet. Das ist völlig falsch.

 

Ihr Antrag wirft uns damit um Jahre zurück. Ich kann auch nicht verstehen, wie eine Partei wie die SPD, die den Anspruch an sich hat, Friedens- und Abrüstungspartei zu sein, so etwas unterstützt. Das ist mir wirklich schleierhaft.

Ebenso schleierhaft ist mir auch, warum der Kollege Carsten Müller aus der Union in der letzten Debatte zu unserem grünen Antrag vom „sicheren Schoß der nuklearen Teilhabe der NATO“ gesprochen hat. Das ist in doppelter Hinsicht Humbug: Diese Waffen haben keinen militärischen Zweck, und Atomwaffen bzw. Massenvernichtungswaffen machen die Welt nicht sicherer. Nur Abrüstung bringt am Ende des Tages mehr Frieden und Sicherheit für alle.

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, es wäre besser gewesen, wenn Ihre ideenlose und mutlose Initiative den Bundestag nicht erreicht hätte. Denn sie revidiert eine zentrale Position und bringt uns keinen Schritt weiter in der Forderung nach einem Deutschland, das frei ist von Atomwaffen. Wer so wenig Engagement in dieser Frage zeigt, kann sich zwar den Erfolg der Überprüfungskonferenz zum Nichtverbreitungsvertrag wünschen. Er muss sich aber auch fragen lassen, was er selbst dazu beigetragen hat.

Wir Grüne werden weiter dafür streiten, dass Deutschland der Humanitären Initiative beitritt und sich für die weltweite Ächtung der Atomwaffen einsetzt und dass die Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden. Wir werden auch weiter gegen einen gefährlichen Modernisierungskurs bei diesen Massenvernichtungswaffen streiten.

 

Vielen Dank.