Agnieszka Brugger agnieszka-brugger.de

Reden und Videos

Rede zum UNMISS-Mandat

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Stellvertretend für viele Frauen im Südsudan, die großes Leid ertragen müssen, möchte ich Rosa Koang zu Wort kommen lassen, die ein wirklich schreckliches Schicksal hinter sich hat. Von ihren fünf Töchtern sind zwei ermordet worden. Mit dreien konnten sie sich selbst in den Stützpunkt der Friedensmission UNMISS retten. Sie sagt:

Wir Frauen im Camp leiden sehr. Um Wasser und Feuerholz zu holen, müssen wir das Lager verlassen, aber da draußen lauern alle möglichen Gefahren. Es gibt wilde Tiere, aber noch schlimmer ist, dass wir vergewaltigt werden. Zwei Mal musste ich schon zusehen, wie sie meinen Töchtern Gewalt antaten. Trotzdem müssen wir immer wieder in den Busch. Wir haben keine andere Wahl, wir brauchen Holz und Wasser zum Leben. Wir können nur zu Gott beten.

Meine Damen und Herren, ich finde, diese schrecklichen Schilderungen zeigen noch viel dramatischer und persönlicher als die extrem hohen abstrakten erschreckenden Zahlen, die wir immer wieder nennen, wenn wir über den Konflikt im Südsudan sprechen, wie wichtig es ist, dass die internationale Gemeinschaft hier präsent ist und handelt.

Über zwei Millionen Menschen sind dort auf der Flucht. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen gibt es 13 000 Kindersoldaten im Südsudan. In manchen Dörfern gibt es keine Jungen mehr, die älter als 14 Jahre sind. In großen Teilen des Landes herrscht eine Hungerkatastrophe. 30 000 Menschen sind unmittelbar vom Hungertod bedroht.

Ich habe wie, glaube ich, viele Kolleginnen und Kollegen hier in den letzten Monaten bei verschiedenen Konflikten dieser Welt gefragt: Wie kann es eigentlich sein, dass die reichen Staaten dieser Welt und die internationale Gemeinschaft es nicht schaffen, im Südsudan und in den Nachbarländern von Syrien wenigstens sicherzustellen, dass die Menschen genug zu essen haben?

Ich habe darauf keine gute Antwort bekommen, und ich finde, die EU - oder wer auch immer - sollte einfach Geld in die Hand nehmen und wirklich dafür sorgen, dass die Menschen, die vor Krieg fliehen mussten, jetzt nicht auch noch den Hungertod fürchten müssen.

Kindersoldaten, Hungerkatastrophe, Massenvergewaltigungen, mehrere Zehntausend Tote: Das sind die Folgen des grauenvollen Machtkampfes zwischen Präsident Kiir und seinem Kontrahenten Machar. IGAD, die Regionalorganisation der Staaten in Nordostafrika, hat unermüdlich versucht, zwischen diesen Gruppen zu vermitteln. Es sind zahlreiche Vereinbarungen geschlossen worden, und zahlreich sind sie auch gebrochen worden. Auf das neue Friedensabkommen blicken wir daher natürlich einerseits mit großer Hoffnung und andererseits mit einer gewissen Skepsis.

Meine Damen und Herren, die Friedensmission der Vereinten Nationen UNMISS hat nicht nur den Auftrag, bei der Umsetzung des Friedensabkommens zu unterstützen, sondern sie ist mit vielen Hilfsorganisationen die Kraft im Land, die trotz aller Gefahren versucht, die Menschen zu schützen.

Es war eine mutige und außergewöhnliche Entscheidung, dass nach dem Gewaltausbruch 2013 die damalige Leiterin der UN-Mission beschlossen hat, einfach die Türen für die Flüchtlinge zu öffnen. Heute, zwei Jahre später, befinden sich noch immer 184 000 Menschen in den Camps der Vereinten Nationen.

Denken wir an die Schilderungen von Frau Koang am Anfang der Rede zurück. Sie zeigen nicht nur das unermessliche Leid, sondern auch die Grenzen von UNMISS, die auch der Kollege van Aken hier angesprochen hat. Aber ist die Schlussfolgerung dann, hier zu sagen: „Weil UNMISS nicht auch noch im Land präsent sein und jede Gewalt verhindern kann, wollen wir, dass diese 184 000 Menschen nicht geschützt sind“? Herr Kollege van Aken, ich kann Ihre zynische Argumentation an dieser Stelle nicht nachvollziehen.

Ja, die Frauen und Männer haben Angst, das Camp zu verlassen, weil die Mission auch nicht wirklich außerhalb wirken kann. Ihr fehlen Fahrzeuge, Hubschrauber und Aufklärungsmittel. Ja, auch die Lage in den Camps selbst ist extrem angespannt. Die Versorgung ist schwierig, aber natürlich gibt es auch Übergriffe und hohe Kriminalitätsraten. Deshalb fehlt es auch ganz viel an Polizei.

Herr Kollege Kiesewetter, Sie haben recht: Es ist eine gute Entscheidung, wenn das deutsche Polizeiengagement erhöht wird. Allerdings wird es von 10 auf 20 Polizeikräfte erhöht, und ich denke wir brauchen hier viel mehr. Erst wenn wir bei einer Zahl von 100 sind, macht es einen Unterschied.

Meine Damen und Herren, derzeit sind 16 Bundeswehrangehörige und 15 Polizisten Teil dieser wichtigen Friedensmission. Das ist ein sehr bescheidener Beitrag. Großbritannien hat aktuell 300 zusätzliche Kräfte in den Raum gestellt. Wir führen hier große Debatten über die neue deutsche Verantwortung in der Außen- und Sicherheitspolitik, und auch Herr Steinmeier als Außenminister und Frau von der Leyen als Verteidigungsministerin fordern das immer wieder ein. Hier können wir einen unmittelbaren Beitrag dazu leisten, dass Menschen vor Gewalt geschützt werden - zivil, polizeilich, aber auch militärisch. Ich finde, wir könnten und wir sollten viel mehr für die Menschen im Südsudan tun.