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Meine Bundestagsrede zu 25 Jahre Resolution 1325 „Frauen, Frieden, Sicherheit“vom 06.11.2025

Die komplette Rede findet ihr hier: https://www.bundestag.de/mediathek/video?videoid=7643663

Liebe Frau Präsidentin! 

Sehr geehrte Damen und Herren! 

So unterschiedlich Rechtsextreme und Islamisten, Autokraten und Faschisten sind, in einer Sache sind sich alle Extremisten dieser Welt erstaunlich ähnlich: Frauen sollen so oder so aussehen, sich nicht so anstellen, wenn ihre Grenzen nicht respektiert werden oder ihre Rechte verletzt werden. Sie werden aus dem öffentlichen Raum verdrängt, sollen Männern nach dem Mund und nicht in der Politik reden und nicht einmal mehr über ihren eigenen Körper bestimmen. Aber das werden sich die Frauen und Mädchen dieser Welt nicht gefallen lassen. 

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Da darf der Bundestag nicht schweigen und wegsehen. Und da sollte auch ein Außenminister nicht fehlen.

Meine Damen und Herren, worum geht es da konkret? Alle zwei Stunden wurde im letzten Jahr sexualisierte Gewalt in einem bewaffneten Konflikt als brutale Waffe eingesetzt. Im Sudan wurden jüngst mehr als 460 Menschen in einer Geburtsklinik brutal ermordet. Frauenrechte sind kein Nischenthema. Frauenrechte sind auch kein Privatprojekt von ein paar Gutmenschen. Sie sind auch kein westliches Konstrukt. Sie sind internationales Recht. Es geht um nichts weniger als um die Hälfte der Weltbevölkerung. 

Rückschritte für Frauen in allen Teilen der Welt sind schlimme Realität. Der Kampf von Frauen für ihre Rechte ist Teil jahrhundertelanger Geschichte auf allen Kontinenten. Die Rechte von Frauen und Mädchen sind das Kernstück der historischen UN-Resolution 1325, die vor 25 Jahren einstimmig im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verabschiedet wurde. Es geht um Repräsentanz, es geht um Rechte und Ressourcen.

In Afghanistan werden junge Frauen ins Gefängnis gesperrt, wenn der Schleier nicht richtig sitzt. Im Iran steht der Name Jina Mahsa Amini für viele mutige Frauen, die ihren Wunsch nach Freiheit mit dem Leben bezahlt haben. Es geht um die Frauen und Mädchen, die ganz besonders leiden unter jeder Krise auf dieser Welt, unter jeder Katastrophe,

ob es um die Klimakrise geht, ob es um Kriege geht oder auch um das Thema Zwangsprostitution. Es geht um die Menschen, die viel zu selten gehört werden. Es geht aber natürlich auch um alle anderen Gruppen, die aus rassistischen und anderen Gründen diskriminiert werden. 

In den vergangenen Jahren haben viele in der Unionsfraktion große Reden geschwungen - es ist interessant, dass Ihre Reihen heute so leer sind -, wenn es um die Rechte von Frauen im Iran ging. Aber wo ist jetzt die von Herrn Röttgen und Herrn Hardt geforderte Terrorlistung der Revolutionsgarden? 

Irgendwie hört man gar nichts mehr dazu. Und wo sind Sie eigentlich, wenn diese Bundesregierung Abschiebedeals mit den Terroristen der Taliban macht? Die sind sicher nicht besser als das brutale Mullah-Regime im Iran. Wo ist da Ihr Einsatz für die Frauen in der Region? 

Stattdessen hören wir von Ihnen völlig deplatzierte Relativierungen zum Regime der Taliban. Aber das können Sie ja jetzt korrigieren. Herr Hardt, Sie sprechen ja auch gleich noch. Versprechen Sie uns doch hier und heute, dass Sie als Union dafür sorgen, dass keine Frauen und Mädchen in die Hölle der Taliban nach Afghanistan abgeschoben werden!

Meine Damen und Herren, die Kriegstreiber dieser Welt stehen ja oft im Rampenlicht. Wir sehen die lächerlichen Bilder von Wladimir Putin mit nacktem Oberkörper auf dem Pferd oder von Kim Jong Un vor seiner großen Atomrakete. Aber was wir oft nicht sehen, ist der Beitrag, den so viele Frauen und auch Männer, so viele Menschen auf der Welt leisten, um Länder und Gesellschaften wiederaufzubauen, die von Bomben und Gewalt zerstört wurden. Und auf die müssen wir unsere Aufmerksamkeit und unsere Ressourcen lenken. 

Und wenn wir über Sichtbarkeit sprechen: Was sollen eigentlich die Mädchen in unserem Land denken, wenn fast alle wichtigen Posten in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik bei Schwarz-Rot von Männern besetzt sind? Meine Botschaft an die jungen Frauen in diesem Land ist: Wir brauchen euch, gerade wenn es um die großen Fragen von Krieg und Frieden geht. 

Was Repräsentation bedeutet, wird ganz anschaulich, wenn wir uns in den Parlamenten dieser Welt umschauen. In Ruanda sind sechs von zehn Abgeordneten weiblich, in Mexiko ist es die Hälfte - so viel auch zum Thema „westliches Konstrukt“ -, bei uns hier in Deutschland ist es mittlerweile nicht mal mehr ein Drittel. Und bei der Fraktion rechts außen ist es eine von zehn. Schauen Sie mal: Finden Sie, dass dieser Teil des Parlaments unsere Gesellschaft abbildet?

Wer Politik für alle machen will, muss auch alle mit an den Tisch lassen. Deshalb gehören Frauen in Parlamente, sie gehören in die Regierungen und an die Verhandlungstische weltweit.

Jetzt gibt es einige schwache Männer - offensichtlich auch hier im Haus -, die beim Wort „Feminismus“ ganz emotional werden. Dabei profitieren ja am Ende nicht nur Frauen, weil sie gleichberechtigt und sicher leben können, sondern auch Männer, weil sie so leben können, wie sie wollen - ob als Bundeswehrsoldat oder als Kitaerzieher, ob im Anzug im Büro oder mit pinkem Nagellack auf der Baustelle -, und weil auch viele kleine Jungen in einer Welt aufwachsen wollen, in der Gewalt gegen Frauen nicht normal ist und einem weder der Staat noch irgendeine reaktionäre Kraft diktieren will, wie man zu leben hat. 

Diese schwachen Männer - das sage ich ganz ehrlich; ich will das gar nicht schönreden oder weichzeichnen - fühlen sich auch zu Recht vom Feminismus angegriffen. Denn das sind die Männer, die nicht wollen, dass Frauen und Mädchen mitbestimmen können. Ja, für diese Männer ist Feminismus eine Kampfansage. Für alle anderen aber ist er eine ganz herzliche Einladung, an einer gerechteren Gesellschaft mitzuwirken, in der alle Meinungen, alle Perspektiven gehört werden und in der das Potenzial aller zum Allgemeinwohl genutzt wird. Davon profitieren am Ende alle. 

Meine Damen und Herren, ich habe aber wirklich kein Verständnis dafür, wenn in so einer Weltlage Außenminister Wadephul die Leitlinien für feministische Außenpolitik, die wir alle hier in den letzten Jahren mehrfach diskutiert haben, klammheimlich von der Webseite des Auswärtigen Amtes löschen lässt. 

Ich würde vom Minister gerne einmal wissen: Warum? Wenn er und die anderen Herren aus der Union solche Angst vor dem Wort „Feminismus“ haben, dann finde ich das ziemlich lächerlich. Aber dann nennen Sie es halt „geschlechtergerecht“ oder was auch immer für Sie passt, und laden Sie die Leitlinien wieder hoch! Aber vor allem: Setzen Sie sie weiter in die Realität um! 

Oder haben Sie Probleme mit den Inhalten der Leitlinien, dass bei humanitärer Hilfe oder Außenwirtschaftsförderung darauf geachtet wird, dass die Unterstützung auch Frauen und Mädchen erreicht, dass bei Reisen Gespräche mit Bürgermeisterinnen oder Menschenrechtsaktivistinnen eingeplant werden? Haben Sie Probleme damit, dass endlich mehr Frauen für unser Land als Botschafterin in der Welt unterwegs sind, auch als Vorbild für unsere Töchter, die Ihnen so am Herzen liegen, oder dass bei Treffen mit Autokraten die Rechte von Frauen und Mädchen klar angesprochen werden? Mit welchem dieser konkreten Punkte haben Sie ein Problem? Das würde ich gerne einmal von den Herren aus der Union hören. 

Meine Damen und Herren, in einer rauen Welt darf man seine Werte und Interessen nicht verstecken. Wenn Extremisten weltweit die Rechte von Frauen und Mädchen und anderen benachteiligten Gruppen angreifen, dann sollten sich alle Demokratinnen und Demokraten, egal ob sie sich jetzt Feministinnen nennen oder nicht, mit aller Kraft zusammentun und sich dem mit Widerstand entschlossen entgegenstellen. 

Für unsere Töchter, aber auch für unsere Söhne sollten wir das gemeinsam und entschlossen tun.

Vielen Dank.