Agnieszka Brugger agnieszka-brugger.de

Reden und Videos

Rede zum Thema "Keine bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr"

 

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Verteidigungsausschuss hat gemeinsam ein Gutachten zu „Stand und Perspektiven der militärischen Nutzung unbemannter Systeme“ initiiert. Die Gutachter kamen zu dem Ergebnis, dass wesentliche ethische, menschen- und völkerrechtliche Fragen in Bezug auf den Einsatz bewaffneter unbemannter Systeme zu prüfen und zu diskutieren sind. Diese Schlussfolgerungen haben wir in unserem ersten Antrag vom April 2012 aufgegriffen. In den Ausschussberatungen haben Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, sehr deutlich gemacht, dass Sie diese Prüfung nicht wollen. Das halten wir für falsch.

Ein Aspekt, der bisher in der Diskussion um bewaffnete Drohnen zu kurz kommt, ist die absehbare technologische Entwicklung. Viele Experten halten eine zunehmende Automatisierung dieser Systeme für zwangsläufig. Die Debatte aus den Militärkreisen in den USA weist auch genau in diese Richtung. Deshalb müssen wir in weiser Voraussicht dafür sorgen, dass die Entscheidung über den Einsatz militärischer Gewalt beim Menschen verbleibt und nicht auf ein autonom agierendes System übertragen wird. Wir müssen uns auf internationaler Ebene für die Ächtung autonomer bewaffneter Systeme einsetzen.

Auch im Hinblick auf diese erschreckende Vorstellung, dass bald Programme und nicht Menschen über den Einsatz von Waffengewalt entscheiden, wäre ein deutscher Einstieg in die bewaffnete Drohnentechnologie alles andere als unproblematisch.

Aber auch die jetzt verfügbaren bewaffneten Drohnen sind nicht einfach eine Variante eines bereits bestehenden Systems. Bewaffnete Drohnen stellen eine technologische Entwicklung dar, die den Einsatz militärischer Gewalt und die Kriegsführung ganz erheblich verändert. Das hat nicht zuletzt auch Auswirkungen auf die politischen Entscheidungen über ihren Einsatz. Mit der Ansicht, es würde keine Rolle spielen, ob wir über die Entsendung von Soldaten oder von Maschinen abstimmen, macht man es sich zu leicht. Dort, wo bewaffnete Drohnen heute mehrheitlich eingesetzt werden, nämlich für die sogenannten gezielten Tötungen durch die USA, erleben wir doch gerade eine Aushöhlung des Völker- und Menschenrechts.

In einer Untersuchung dieser höchstumstrittenen Praxis kommt der UN-Sonderberichterstatter Alston zu dem Ergebnis, dass zwischen der Technologie und der Entscheidung über die gezielten Tötungen ein Zusammenhang besteht. Die Möglichkeit des risikoärmeren Tötens verleite politische Entscheider, die rechtlichen Regelungen über den Einsatz militärischer Gewalt zu weit auszulegen. Mit anderen Worten: Die Verfügbarkeit bewaffneter Drohnen befördert das Risiko, dass die Hemmschwelle zum Einsatz von militärischer Gewalt sinkt. Das sollte und darf man nicht einfach ignorieren.

Die Behauptung, das könne uns mit unserer Tradition der demokratischen Kontrolle nicht passieren, ist leicht­gläubig. Oder wollen Sie behaupten, politische Kontrolle sei den USA fremd? Natürlich wäre die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr auch ein Signal für andere Staaten. Wir müssen doch nicht erst in die Geschichtsbücher schauen, um uns klarzumachen: Wenn man sich nicht rechtzeitig um Regelungen und Begren­zungen für eine neue Waffentechnologie bemüht, sondern dieser blind hinterherrennt, dann feuert man den gleichen Beschaffungsdrang auch bei anderen an. Die Gefahr eines neuen Rüstungswettlaufs, die Gefahr einer neuen Aufrüstungsspirale, ist deshalb nicht kleinzureden, sondern ernst zu nehmen.

Mit diesen und weiteren Fragen haben wir Grüne uns sehr intensiv auseinandergesetzt. Ein Mitglied der Unionsfraktion ließ dagegen Ende März verlauten, dass aus den eigenen Reihen niemand mehr auf eine Ent­scheidung vor den Wahlen drängen werde. Dieser anonyme Abgeordnete ließ sich bei tagesschau.de mit den Worten zitieren: „Das würde uns“ – also der Union – „im Wahlkampf auf die Füße fallen“; das Thema sei wegen der völkerrechtlichen Diskussion emotional zu stark besetzt.

Wenig später erschien die Ankündigung de Maizières in den Medien, dass eine Entscheidung erst nach der Bundestagswahl fallen werde. Meine Damen und Herren, das ist doch nichts anderes als ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver.

Die Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Drohneneinsatzes, nicht zuletzt durch die USA, mit den Risiken einer neuen Aufrüstungsdynamik, mit dem Risiko der Automatisierung und der sinkenden Hemmschwelle bei der Entscheidung über den Einsatz von militärischer Gewalt lässt für uns Grüne nur einen Schluss zu. Mit unserem zweiten Antrag fordern wir deshalb, auf die Beschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr zu verzichten.