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Rede zur Mandatsverlängerung EUTM Mali

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

 

Angesichts vieler Krisen auf der ganzen Welt ist Mali in den letzten Monaten aus den Schlagzeilen verschwunden. Doch wer glaubt, dass das bedeutet, dass die Situation in Mali ruhig und stabil ist, der unterliegt einem Trugschluss. Denn wer genau hinschaut, sieht, dass sich die Sicherheitslage in den vergangenen Monaten zugespitzt hat und dass die Situation insgesamt höchst fragil bleibt. Gerade im Norden von Mali nimmt die Zahl der Anschläge durch terroristische und dschihadistische Gruppen zu.

 

Insbesondere die Friedensmission der Vereinten Nationen, MINUSMA, und ihre Angehörigen sind immer wieder Ziel dieser tödlichen Attacken.

Zum ersten Mal seit 2012 verschlechtert sich damit die Sicherheitslage. 2012 war es den französischen Truppen und der VN-Friedensmission gelungen, nicht nur den Vormarsch einer Allianz aus islamistischen Organisationen und den Tuareg-Rebellen zu stoppen und zurückzudrängen, sondern auch im ganzen Land ein Mindestmaß an Sicherheit und Stabilität zu garantieren. Die malische Armee selbst war dazu nicht in der Lage. Deshalb hat die Europäische Union eine Ausbildungsmission auf den Weg gebracht. Gemeinsam mit der zivilen GSVP-Mission ist sie damit auch ein Pilotprojekt für eine verstärkte europäische Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich und damit natürlich auch ein Zeichen über Mali hinaus.

 

Ziel dieser Missionen ist es, Sicherheitsstrukturen zu schaffen, in die alle malischen Gruppen eingebunden werden, und dafür Sorge zu tragen, dass sie einer klaren demokratischen Kontrolle unterliegen und dass am Ende Sicherheitskräfte da sind, die die Zivilbevölkerung schützen können und vor der die Bürgerinnen und Bürger Malis, egal welche Hautfarbe sie haben, keine Angst haben müssen. Diese Mission ist grundsätzlich ein richtiger Baustein. Wir haben sie als Grüne in den vergangenen Jahren unterstützt und ihr immer zugestimmt. Ich empfehle meiner Fraktion, diesem Mandat auch dieses Mal zuzustimmen.

Die Bundesregierung kündigt nun an, dass man mit dem neuen Mandat mehr Verantwortung übernehmen will, dass die Mandatsobergrenze auf 350 Soldatinnen und Soldaten angehoben werden soll und Deutschland in Zukunft den Missionskommandeur stellen will. Mehr Verantwortung von deutscher Seite kann man aber nicht nur darauf beschränken. Ich muss schon sagen, Herr Staatsminister Roth und Herr Staatssekretär Brauksiepe, ich hätte mir gewünscht, dass Sie in Ihren Reden auch einen kritischen Blick auf das, was bisher passiert ist, gewagt hätten und dass Sie bereit wären, aus dem, was wir dort gesehen haben, Lehren für die Zukunft ziehen, um das Engagement noch nachhaltiger zu gestalten.

 

In Deutschland ist kaum wahrgenommen worden, was sich im letzten Jahr in Kidal an dramatischen Ereignissen abgespielt hat. Diese sind in Mali aber noch nicht vergessen, sondern sie wirken nach. Dort hat die malische Armee eine Offensive gegen die Rebellen durchführen wollen. Sie ist aufgrund des eigenen dilettantischen Vorgehens einmal mehr geschlagen worden. An dieser Auseinandersetzung waren auch Gefechtsverbände beteiligt, die durch EUTM Mali ausgebildet worden waren. Wenn die Europäische Union die malischen Streitkräfte unterstützt, dann hat man auch eine Mitverantwortung dafür, was diese dann im Anschluss tun.

 

Deshalb muss man aus den Vorfällen in Kidal lernen. Die Bundesregierung muss sich hier stärker einbringen und engagieren. Teilweise sind ja auch schon Konsequenzen gezogen worden. Um mehr Nachhaltigkeit zu gewährleisten, werden bereits ausgebildete Verbände ein Wiederholungstraining durchlaufen. Ich glaube aber, dass man auch noch an anderen Schrauben nachbessern muss.

 

Fast zeitgleich zu den Vorfällen waren wir mit einer Delegation aus dem Bundestag - Herr Staatssekretär Grübel hatte uns mitgenommen - in Mali. Wir hatten zeitnah die Gelegenheit, auch mit der Führung von EUTM über dieses Debakel in Kidal zu sprechen. Ich fand es sehr bezeichnend, was der damalige EUTM-Kommandeur gesagt hat. Er hat betont, dass die malische Armee gar nicht in der Lage ist, den Norden langfristig zurückzuerobern. Es sei auch gar nicht das Ziel dieser Mission, dafür zu sorgen, dass die malische Armee die bewaffneten Gruppen im Norden besiegt. Nein, vielmehr müssten beide Seiten begreifen, dass sie sich nicht militärisch schlagen können, sondern dass sie sich politisch einigen und versöhnen müssen. Ich finde, mit dieser Analyse hat er völlig recht.

 

Wenn die Bundesregierung hier mehr Verantwortung übernehmen will, dann muss sie diesen Friedensprozess stärker verfolgen und unterstützen. Ich möchte mich im Namen meiner Fraktion bei allen Menschen bedanken, egal ob sie Uniform tragen oder nicht, die sich für Frieden und Sicherheit in Mali engagieren.

 

Aber um es ganz klar zu sagen: Sowohl die Ausbildungsmission als auch die Reform des Sicherheitssektors und die zahlreichen Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit können für sich alleine kein Erfolg sein, wenn sie nicht in eine politische Gesamtstrategie eingebettet sind. Die große Hoffnung hinsichtlich der Stabilisierung der politischen Lage in Mali, die nach den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen noch bestand, ist mittlerweile ziemlich getrübt. Die Lage ist eben nicht wirklich stabil, wie man an zahlreichen Korruptionsfällen, Ministerrücktritten und Kabinettsumbildungen sehen kann.

Meine Damen und Herren, mit besonders großer Sorge erfüllt mich der stockende Friedensprozess in Mali. Denn sowohl die malische Regierung als auch die Rebellengruppen scheinen diesen Prozess immer wieder zwar rhetorisch zu unterstützen; praktisch ist man aber in den letzten Jahren kaum bzw. viel zu wenig vorangekommen. Hier müssen sich die Europäische Union und gerade Deutschland in Anbetracht des Rufes, den wir in Mali genießen, stärker engagieren. Wir müssen alle Akteure in die Pflicht nehmen, diesen Friedensprozess ernst zu nehmen und endlich zu einer Einigung zu kommen.

 

Denn nur wenn man die Konfliktursachen politisch bearbeitet und wenn es gelingt, funktionierende dezentrale staatliche Strukturen zu etablieren, eine gerechte Verteilung von Ressourcen sicherzustellen und vor allem die innermalische Aussöhnung zu garantieren, kann diese Ausbildungsmission ein Erfolg sein, und nur dann kann eine Grundlage für mehr Frieden und die Chance auf dauerhafte Stabilität in Mali gewährleistet werden.

 

Vielen Dank!