Agnieszka Brugger agnieszka-brugger.de

Im Bundestag

Bilanz: Grüne Außen- und Friedenspolitik mit Herz und Verstand

Deutliche grüne Fußstapfen in der Außen- und Friedenspolitik im Bundestag zu hinterlassen und die grünen Konzepte in diesem Bereich weiterzuentwickeln – das waren meine Vorsätze, die ich beim Einzug in den Bundestag 2009 im Gepäck dabei hatte. Besonders am Herzen lag mir die Abrüstungspolitik und so habe ich die Vertretung der grünen Bundestagsfraktion im Unterausschuss Abrüstung übernommen und wurde zur Sprecherin für Abrüstungspolitik der Fraktion gewählt.

Auch im Verteidigungsausschuss wollte ich für eine nachhaltige Friedens- und Sicherheitspolitik streiten und bin dort eines von vier grünen Mitgliedern. Frieden bedeutet mehr als nur die Abwesenheit von Gewalt, sondern auch die Chance auf ein gutes Leben durch globale Gerechtigkeit, ausreichend Nahrung und sauberes Wasser, Bildungschancen, ein funktionierendes Staatswesen und die Möglichkeit zu politischer Mitbestimmung. Gemeinsam mit meinen grünen KollegInnen habe ich für eine kohärente und ehrgeizige internationale Politik gestritten, die Außen- Sicherheits-, Friedens-, Europa- und Menschenrechtspolitik sowie Entwicklungszusammenarbeit zusammendenkt und das friedliche und gerechte Zusammenleben der Menschen weltweit in den Mittelpunkt stellt.

Die doppelzüngige und von nationalen Interessen geleitete Außenpolitik von Schwarz-Gelb und die Vernachlässigung der zivilen Konfliktprävention und -bearbeitung boten mir und uns in den vergangen drei Jahren mehr alsn genug Gelegenheiten für scharfe Kritik und eigene Initiativen. Im Folgenden möchte ich anhand einiger Themen zeigen, wie ich diese Ziele in den vergangenen drei Jahren im Bundestag umgesetzt habe.

Rüstungsexporte kontrollieren – Frieden sichern und Menschenrechte wahren!

Außenminister Westerwelle und Kanzlerin Merkel zeigen sich auf Auslandsreisen und in öffentlichen Verlautbarungen sehr geübt in der Rhetorik der Menschenrechte. Aber im gleichen Atemzug genehmigen sie Rüstungsexporte in Staaten, die die Menschenrechte mit Füßen treten. Deutschland exportiert massenweise Rüstungsgüter in alle Welt. Die Koalition sieht eine zentrale außenpolitische Aufgabe offenbar darin, die deutsche Rüstungsindustrie auf dem Weltmarkt zu unterstützen, selbst wenn die Waffen in Krisengebiete oder Staaten geliefert werden sollen, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden. Für mich heißt die Lehre aus dem arabischen Frühling vor allem: Mit der blinden Unterstützung autoritärer Systeme muss Schluss sein. In den letzten Jahren haben wir uns auch sehr selbstkritisch mit der rotgrünen Rüstungsexportpolitik auseinander gesetzt. Zusammen mit einigen KollegInnen in der Fraktion habe ich ein Positionspapier erarbeitet, in dem wir klare Regeln formulieren und fordern, Rüstungsexporte in Krisengebiete und Staaten mit Menschenrechtsverletzungen gesetzlich zu verbieten. Auch wenn enorme Widerstände zu erwarten sind, werde ich nicht nachlassen, mehr Transparenz und ein Ende undemokratischer Geheimhaltung in dieser Frage einzufordern und für eine strikte Begrenzung von Rüstungsexporten zu streiten. Außerdem muss die Rüstungsexportkontrolle in diesem Sinne auch auf europäischer Ebene dringend vereinheitlicht werden.

Konsequent abrüsten – mehr Frieden und Sicherheit für alle!

Deutschland darf durch Rüstungsexporte nicht zur globalen Aufrüstung beitragen, sondern muss Motor in der Abrüstung werden. Schwarz-Gelb hat nicht nur dabei versagt, den Abzug der in Deutschland stationierten US-Atomwaffen in die Wege zu leiten, sondern scheiterte auch daran, Abrüstung zu einer Kernaufgabe in der NATO zu machen. Gemeinsam mit der Fraktion habe ich in den letzten drei Jahren immer wieder Anträge in den Bundestag eingebracht, um die Bundesregierung dazu zu drängen, ihren Ankündigungen endlich Taten folgen zu lassen. Einem gemeinsamen Antrag mit der SPD schlossen sich nach harten Verhandlungen, in denen ich als abrüstungspolitische Sprecherin die grüne Fraktion vertreten habe, sogar die Regierungsfraktionen an. Trotz des Rückhalts aus dem Parlament haben sich Merkel und Westerwelle aber vom Ziel eines atomwaffenfreien Deutschlands verabschiedet. Die NATO hält weiterhin am Konzept der nuklearen Abschreckung fest und behält sich die Option des Ersteinsatzes vor. Bei der Debatte zum neuen strategischen Konzept der NATO hat die grüne Fraktion in einem von mir initiierten Antrag ein starkes Engagement der NATO in der Abrüstung gefordert und einem europäischen Raketenabwehrschirm eine Absage erteilt. Stattdessen werden die Atomsprengköpfe in Büchel modernisiert und der Verbleib dieser Waffen in Deutschland auf unabsehbare Zeit zementiert. Und das, obwohl sich Union und FDP den Abzug der US-Atombomben im Koalitionsvertrag zur Aufgabe gemacht haben. In Deutschland hat vor allem Verteidigungsminister de Maizière dafür gesorgt, dass die nukleare Abschreckung in den verteidigungspolitischen Richtlinien bleibt und die Bundeswehr Kampfflugzeuge des Typs Tornado und SoldatInnen für einen Atombombenabwurf bereithält. Die katastrophale abrüstungspolitische Bilanz von Schwarz-Gelb ist auch ein herber Rückschlag für die weltweite nukleare Abrüstung. Umso wichtiger ist es, dass wir weiter für den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland kämpfen und diese urgrüne, friedenspolitische Forderung endlich wahr machen. Wir richten unseren Blick auch auf andere Länder. Dabei hat mich die Sorge um das iranische Atomprogramm und das große Eskalationspotential in diesem Konflikt besonders umgetrieben. Für mich lautet die zentrale Frage, wie unter allen Umständen eine militärische Eskalation vermieden und auf diplomatischem Weg ein friedlicher Ausweg aus der Krise und der Sackgasse der Sanktionsspirale gefunden werden kann. Um dieser Diskussion Raum zu geben, habe ich in der Bundestagsfraktion ein Fachgespräch unter dem Motto „Der iranische Atomkonflikt – Strategien für eine diplomatische Lösung“ initiiert und organisiert. Grüner Einsatz für konsequente Abrüstung ist auch bei der Umsetzung des Verbots von Landminen und Streumunition dringend gefordert. Die schwarz gelbe Bundesregierung hat gezeigt, dass sie nicht dazu in der Lage sind, ihre Verpflichtungen aus den internationalen Verbots-Abkommen nachzukommen.

Noch immer gibt es eine eklatante Gesetzeslücke, die deutschen Banken und Versicherungen Investitionen in die Herstellung dieser menschenverachtenden Waffen ermöglicht. Die Bundesregierung schaut tatenlos zu und nimmt es sogar hin, dass durch die Riester-Rente solche Investitionen auch noch steuerlich subventioniert werden. Riestern für Streumunition – damit muss endlich Schluss sein. Ich habe im Bundestag für uns Grüne einen Antrag erarbeitet, der ein gesetzliches Verbot von Investitionen in Streumunition und Landminen fordert. Dabei habe ich nicht nur mit wichtigen Organisationen aus der Zivilgesellschaft eng zusammengearbeitet, sondern auch alle Fraktionen zur Mitarbeit eingeladen. Leider blieb es bei CDU und FDP nur bei Lippenbekenntnissen für den Schutz der Opfer. Doch hier ist kein Herz für Banken gefragt, sondern ein beherztes Eintreten für ein umfassendes Verbot dieser völkerrechtswidrigen Waffen. Gemeinsam mit SPD und Linken ist es uns gelungen, mit unserem Antrag ein klares Signal zu senden, das für uns auch im Fall einer Regierungsübernahme die unausweichliche Richtschnur ist.

Gute Entwicklungszusammenarbeit – Grundlage für Frieden und Sicherheit!

 Vor mehr als einem Jahrzehnt im Jahr 2000 hat die internationale Gemeinschaft auf dem Millenniums- Gipfel der Vereinten Nationen Ziele zur Bekämpfung von Hunger, Armut und der ungleichen Verteilung von Ressourcen sowie der Verbesserung von Bildungsmöglichkeiten vereinbart. Auch Deutschland hat damals zugesagt, 0,7 % seines Bruttonationaleinkommens in die Entwicklungszusammenarbeit zu investieren, um diese Ziele zu verwirklichen. Von der Einlösung

dieser Zusage sind wir weit entfernt. In dieser Legislaturperiode haben wir mit Niebel einen Entwicklungshilfeminister erlebt, der vor allem dadurch auffiel, Parteifreunden in seinem Ministerium Posten zu verschaffen und Teppiche am Zoll vorbei ins Land zu bringen. In den vergangenen drei Jahren konnten wir mit unseren eigenen Konzepten und Ideen immer wieder die Unzulänglichkeit, die Inkohärenz und das mangelnde Engagement der schwarz-gelben Entwicklungspolitik verdeutlichen.

Bundeswehrreform aus grüner Sicht – das Militär zivilisieren!

Eine grundlegende Neuausrichtung der Bundeswehr ist in jeder Hinsicht überfällig. Eine ehrliche Analyse der Lage hätte bereits kurze Zeit nach Ende des Kalten Krieges zu der Erkenntnis führen müssen, dass die Bundeswehr sich von ihren Organisationsstrukturen aus der Zeit des Kalten Krieges verabschieden muss. Das Festhalten an einer mehrere hunderttausend Frau und Mann starken Wehrpflichtarmee mit absurden Beschaffungsstrukturen war weder sicherheitspolitisch noch finanziell zu rechtfertigen. Schwarz- Gelb hat es allerdings bei ihrer Reform versäumt, eine Debatte über die künftigen Aufgaben der Bundeswehr und die Grenzen des Militärischen an den Anfang zu stellen. Dennoch musste die Bundesregierung einsehen, dass die Bundeswehr verkleinert und ihre Strukturen den tatsächlichen Aufgaben angepasst werden müssen. Neben der Verkleinerung war der Umbau der Bundeswehr zur Freiwilligenarmee ein besonders drängender Schritt. Seit unserer Gründung haben wir Grünen für einen Abschied von der Wehrpflicht gekämpft und spätestens seit dem Ende des Kalten Krieges gab es kein einziges legitimes Argument für ihre Beibehaltung. Doch die Union – und übrigens auch die SPD – haben mit einer unglaublichen Sturheit an dieser überkommenen Wehrform festgehalten. In immer neuen Runden im Verteidigungsausschuss und in den Medien habe ich in meinen ersten beiden Jahren im Bundestag die Absurdität von zu Guttenbergs letztem Rettungsversuch der Wehrpflicht – ihre Verkürzung auf sechs Monate – verdeutlicht. Am Ende konnten sich unsere guten Argumente durchsetzen und so ist die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 auch ein großer Erfolg für die grüne Beharrlichkeit. Ein wichtiges Thema war und ist die Frage nach den Fürsorgeleistungen der Bundeswehr. Unabhängig davon, wie wir zu einem konkreten Einsatz stehen, kann es uns Abgeordneten nicht egal sein, was mit den Soldatinnen und Soldaten der Parlamentsarmee in einem Einsatz geschieht und wie die Bundeswehr mit ihnen umgeht. Für traumatisierte SoldatInnen und ehemalige strahlengeschädigte Radarsoldaten konnte das Parlament in seiner Gesamtheit deutliche Verbesserungen gegenüber der Bundesregierung durchsetzen, woran gerade auch unsere grünen Impulse und Anträge einen erheblichen Anteil hatten.

Die Bundeswehr ist keine Organisation wie jede andere und kann definitiv nicht mit den gleichen schrillen und bunten Mitteln für sich werben wie etwa ein Unternehmen. Das sehen leider nicht alle in der Bundeswehr so. Die Verfehlungen in diesem Bereich habe ich scharf kritisiert. Ein Beispiel war ein YouTube-Video der Bundeswehr, das sich der Bildsprache eines Ballerspiels bediente, von dem sich nach meinem Protest selbst die Bundesregierung distanziert hat. Grundsätzlich habe ich bei der Arbeit im Verteidigungsausschuss immer wieder die Gelegenheit gehabt, der Unverfrorenheit eines ehemaligen Verteidigungsministers zu Guttenberg die Stirn zu bieten. Konservative PolitikerInnen und BürgerInnen mochten es dabei vielleicht gar nicht gern sehen, dass ich als junge und noch dazu linke Frau ihrem Polit-Popstar, ob in der Debatte um die Wehrpflicht, in der Gorch- Fock-Affäre oder der Diskussion um seine Doktor- Arbeit, unverblümt seine Unfähigkeit und Verlogenheit vorhielt.

In Krisengebieten unterwegs – Im Dialog für den Frieden!

Zwei Konfliktregionen zeigen beispielhaft, wie Konfliktbearbeitung funktionieren kann und wie gerade nicht: Südsudan und Afghanistan. In beiden Regionen war ich als Abgeordnete auch auf Reisen unterwegs und habe mit lokalen AkteurInnen und zivilen und militärischen Einsatzkräften gesprochen. In Afghanistan wie in Südsudan haben mich die Menschen, die trotz Armut, Hunger und Gewalt an ihrer Zuversicht und an ihrem Glauben an eine bessere Zukunft festhalten und für diese Perspektive streiten, zutiefst beeindruckt. Die internationalen Truppen in Afghanistan haben die Eskalation der Situation befördert, wodurch gleichzeitig der Rückhalt der Bevölkerung immer weiter schwand – wovon auch die zivilen Kräfte betroffen wahren, während die Zustimmung zu den Aufständischen zunahm. Die Unterstützung des zivilen Aufbaus kam dagegen von Anfang an viel zu kurz. Ein Ereignis wie das Bombardement der Tanklastzüge bei Kunduz in 2009 und der verantwortungslose Umgang damit, haben diesen Prozess noch befördert. Im Untersuchungsausschuss, der maßgeblich auf unsere Initiative hin zustande kam, konnten wir die schweren Fehler nach zwei Jahren und sehr vielen Zeugenvernehmungen analysieren und deutlich machen. Die Mission der Vereinten Nationen in Südsudan – UNMISS – hat dagegen von Anfang an den Schutz der Zivilbevölkerung, die Menschenrechte und den Demokratieaufbau zum Ziel gehabt, anstatt Aufständische zu jagen. Dabei konzentriert sie sich auf zivile Mittel und respektiert die regionalen und lokalen Besonderheiten. UNMISS stellt somit wirklich eine Chance für den Frieden dar. Der Umfang der deutschen Unterstützung für diese Mission ist allerdings bei weitem nicht ausreichend. Dabei ist zudem die Vorbereitung der SoldatInnen auf eine VN-Mission wie UNMISS unzureichend, wie mir auch SoldatInnen vor Ort bestätigt haben. Nicht nur an dieser Stelle wird deutlich: Deutschland investiert insgesamt zu wenig finanzielle Mittel in die Arbeit der Vereinten Nationen und es fehlt auch der internationalen Ebene der politische Wille, die Vereinten Nationen zu einem zentralen und starken Akteur für eine friedlichere Welt zu machen. Die Konflikte in beiden Ländern lassen sich mit Gewalt nicht lösen. Dafür, dass Deutschland den Fokus endlich auf eine ganzheitliche Konfliktprävention legt, sich auf die zivilen Mittel der Konfliktbearbeitung konzentriert und die Vereinten Nationen stärkt, will ich mich auch in den nächsten Jahren weiter einsetzen. Das sind die Themen, die mich in den letzten Jahren besonders intensiv beschäftigt haben.

Wir Grüne haben tolle Konzepte für eine nachhaltige, stimmige und gute Außen- und Friedenspolitik. Damit sie endlich Realität werden und das schwarz-gelbe Versagen ein Ende hat, braucht es eine rot-grüne Regierung!